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Um den NSA-Enthüller Edward Snowden ging es am Mittwoch im Innenausschuss des Europaparlaments.

© AFP/Channel 4

Update

Bericht zur NSA-Affäre: EU-Parlament verleugnet Snowden

Der Innenausschuss des EU-Parlaments will bei einem Votum über einen Bericht zur NSA-Affäre die USA nicht provozieren.

Noch im vergangenen November hatte der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, die EU-Staaten aufgefordert, dem Whistleblower Edward Snowden gemeinsam Asyl zu gewähren. Doch einige von Schulz’ Parteifreunden aus der Fraktion der Sozialisten im Europaparlament sehen das inzwischen offenbar anders. Am Mittwochnachmittag stimmte der Innenausschuss des Parlaments in Brüssel über seinen Bericht zur NSA-Affäre ab. Dabei gab es keine Mehrheit für einen Passus, dem zufolge Snowden nach dem Willen des Europaparlaments Asyl in den EU-Mitgliedstaaten erhalten soll. Zahlreiche Sozialisten verweigerten dem Passus ihre Zustimmung, teilte der Grünen-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht am Abend mit. Es sei "enttäuschend", dass in dem Bericht des EU-Parlaments kein einziges Wort darüber verloren werde, in welcher schwierigen Lage sich Snowden befinde, sagte er dem Tagesspiegel.

Albrecht hatte gemeinsam mit anderen Abgeordneten den Antrag eingebracht, demzufolge das Parlament die EU-Mitgliedstaaten auffordert, „Strafanzeigen gegen Edward Snowden, wenn es sie gibt, fallen zu lassen und ihm Schutz vor Verfolgung, Auslieferung oder Urteilssprüche durch Drittparteien anzubieten, in Anerkennung seines Status als Whistleblower und internationaler Verteidiger von Menschenrechten“.

Weil Abgeordnete der nationalkonservativen ECR in Edward Snowden einen Straftäter sehen und auch die Vertreter der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP) ihm kein Asyl anbieten wollen, hätte der Antrag die Unterstützung von Sozialisten, Grünen, Liberalen und Linken gebraucht, um eine Mehrheit zu bekommen. Doch ein derartiges Pro-Snowden-Bündnis kam am Mittwochnachmittag nicht zu Stande. Viele Europaabgeordnete wollten offenbar das wegen der NSA-Affäre ohnehin schon angespannte Verhältnis zwischen der EU und den USA nicht noch weiter belasten.

Europaparlament nur Mahner

Die SPD-Europaabgeordnete Birgit Sippel sagte dem Tagesspiegel, dass der Schutz von Whistleblowern vor Verfolgung im Bericht zur NSA-Affäre auch ohne den Zusatz des Grünen-Abgeordneten Albrecht sehr wohl berücksichtigt werde, auch wenn der Name Snowdens dabei nicht explizit genannt werde. Sippel stimmte zwar für den Grünen-Antrag, zeigte aber Verständnis für die ablehnende Haltung der sozialistischen Fraktionskollegen, die von strategischen Überlegungen beim Auftreten des EU-Parlaments gegenüber den EU-Mitgliedstaaten geprägt sei.

Ohnehin kann das Europaparlament im Fall Snowden nur als Mahner auftreten – eine mögliche Entscheidung über die Gewährung von Asyl müsste in den Mitgliedstaaten getroffen werden. Sippel verlangte, dass eine menschenwürdige Lösung für den Whistleblower gefunden werden müsse: „Es kann ja nicht die Lösung sein, dass er den Rest seines Lebens in einem abgedunkelten Hotelzimmer sitzen muss.“

Neuverhandlung des Safe-Habour-Abkommens gefordert

Im vergangenen Sommer hatte Snowden zunächst für ein Jahr Asyl in Russland erhalten. In den meisten EU-Ländern, darunter Deutschland, hatte der Enthüller erfolglos Asyl beantragt. Zuletzt bekräftigte die Bundesregierung Ende Januar noch einmal ihre Haltung, dass der US-Bürger kein Asyl in Deutschland bekommen könne.

Die SPD-Europaabgeordnete Sippel warnte derweil davor, den Bericht des Europaparlaments zur NSA-Affäre auf die Frage des Asyls für Snowden einzuengen. Neben dem Schutz für Whistleblower fordert das Straßburger Parlament darin unter anderem eine Neuverhandlung des Safe-Harbour-Abkommens mit den USA zum Datenschutz und äußert Kritik an dem zwischen Brüssel und Washington geplanten Freihandelsabkommen. Im März soll das Plenum des Europaparlaments über den Bericht abstimmen.

Schon vorher könnte es zu einer Befragung Snowdens durch das EU-Parlament kommen. Eine Live-Schaltung aus Moskau lehnte der Whistleblower aus Sicherheitsgründen bislang ab. Ein genauer Termin für die Befragung durch die Europaabgeordneten steht noch nicht fest.

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