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Politik: Berlin am Pranger

Stabilitätsrat sieht drohende Haushaltsnotlage

Berlin - „Die vom Land Berlin vorgebrachten Argumente gegen eine drohende Haushaltsnotlage haben sich bei genauerer Analyse als nicht stichhaltig erwiesen.“ So lautet das Fazit des Stabilitätsrats mit Blick auf die Bundeshauptstadt, der nun nicht nur jene drohende Haushaltsnotlage bescheinigt wird (das war schon der Stand vom vorigen Oktober), sondern von der nun ein Sanierungsprogramm erwartet wird, das über die bereits vereinbarten Konsolidierungsmaßnahmen hinausgeht. Der Berliner Bär ist an der Leine, und die wird vom Bund (vor allem) und den anderen Ländern nun nochmals ein wenig kürzer geführt.

Der Stabilitätsrat, die Runde der Finanzminister von Bund und Ländern, soll darauf achten, dass die öffentlichen Haushalte nicht weiter aus dem Ruder laufen und die Schuldengrenze des Grundgesetzes eingehalten werden kann. Berlin, Bremen, Schleswig-Holstein und das Saarland sind die „Schmuddelkinder“ (Sachsen-Anhalt immerhin hat sich aus diesem Kreis schon heraussaniert). Berlin bleibt in dreierlei Hinsicht unter den Anforderungen: Der Schuldenstand ist zu hoch, es wird zu viel über Kredite finanziert, das Verhältnis von Zinszahlungen zu den Steuereinnahmen ist ungesund.

Da Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum die Bedenken seiner Kollegen nicht entkräften konnte, muss er nun die letzten Monate der Legislaturperiode auch damit verbringen, Vorschläge für eine stärkere Haushaltssanierung zu sammeln. Keine angenehme Aufgabe in Wahlkampfzeiten, denn die Opposition wird Rot-Rot ständig drängen, jetzt zu sagen, wie diese Sanierung aussehen soll. Die beginnt nämlich im November, wenn möglicherweise ein etwas anders gefärbter Senat regiert. Fällt Nußbaums Sammelwerk zu knapp aus, könnte dieser künftige Senat vor der Situation stehen, dass der Bund und die anderen Länder zusätzliche Maßnahmen vorgeben, weil ihnen das vorgelegte Sanierungsprogramm – das auf fünf Jahre angelegt sein muss – missfällt. Zur schon jetzt bestehenden strengeren Finanzaufsicht durch die bundesstaatliche Gemeinschaft würde dann noch der direkte Eingriff von außen kommen. Der Beschluss des Stabilitätsrats könnte somit dazu führen, dass die Haushaltspolitik im Wahlkampf eine stärkere Rolle spielt.

Je mehr der Stabilitätsrat seine Möglichkeiten einsetzt und die Schrauben etwas anzieht, umso geringer wird der Spielraum der betroffenen Länder. Das gilt trotz der Tatsache, dass die Runde keine Sanktionen oder Strafen verhängen kann. Der Rat kann nur an den Pranger stellen: Vier Länder müssen daher nun erklären, wie sie dazu beitragen, dass Bund und Länder spätestens 2020 keine neuen Schulden mehr aufnehmen müssen. Das fünfjährige Sanierungsprogramm und die damit verbundene Aufsicht fallen ausgerechnet in jene Zeit, in der ein neuer Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern verhandelt werden muss. Und da geht es um einige Berliner Privilegien – wie die höhere Einwohnerwertung oder die Sonderzuschüsse vom Bund.

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