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Fahndungsfotos von Anis Amri in einer Polizeiwache.

© dpa

Update

Berlin-Attentäter: NRW beschließt Untersuchungsausschuss zum Fall Amri

In Nordrhein-Westfalen wird ein Untersuchungsausschuss Behördenfehler im Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri prüfen.

Von Frank Jansen

Die Debatte war hochemotional und offenbar ein Prolog zum Wahlkampf. Im Landtag von Nordrhein-Westfalen haben am Mittwoch Abgeordnete der Oppositionsfraktionen von CDU, FDP und Piraten einen Untersuchungsausschuss zu Versäumnissen im Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri durchgesetzt. Verbunden mit harter Kritik an Innenminister Ralf Jäger (SPD). „Unser Auftrag ist, das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen“, rief Armin Laschet, Chef der CDU-Fraktion. Der SPD-Abgeordnete Thomas Stotko konterte: „Sie wollen einen NRW-Innenminister killen.“ Die Opposition sammle Material für die Landtagswahl, „weil man sonst nichts hat“. SPD und Grüne protestierten heftig. Bei der Abstimmung über die Einsetzung des Ausschusses enthielten sich die Fraktionen der Koalition.

Aus Sicht der Regierung von Hannelore Kraft (SPD) ist ein Untersuchungsausschuss nicht einmal 100 Tage vor der Landtagswahl am 14. Mai wenig sinnvoll. Vor allem die Sozialdemokraten befürchten, die Opposition wolle den Ausschuss, um im Wahlkampf laufend negative Schlagzeilen über Innenminister Jäger produzieren zu können. Und das in einem für die rot-grüne Koalition wenig günstigen Klima. In der letzten Umfrage war die CDU mit 32 Prozent von der SPD (36 Prozent) nicht weit entfernt. Es zeichnet sich ab, dass eine Neuauflage der Koalition angesichts der Schwäche der Grünen, die aktuell nur auf sieben Prozent kommen, unwahrscheinlich ist.

Die Sorgen der SPD mit Blick auf den Ausschuss sind wohl nicht unberechtigt. Bei der Debatte im Landtag machte Oppositionsführer Armin Laschet den Innenminister für fast alle Fehler im Fall Amri verantwortlich. Laschet behauptete, „für die Beobachtung des Gefährders war ausschließlich Nordrhein-Westfalen zuständig“, ebenso für die Strafverfolgung und die Abschiebung, die nicht erfolgte. Seine pauschale Wertung ist jedoch teilweise nicht korrekt.

Bekanntlich hat auch die Berliner Polizei den Tunesier beobachtet. Ausgewertet wurden sämtliche Erkenntnisse im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in Berlin, Teilnehmer bei den Sitzungen waren neben Polizei und Verfassungsschutz aus NRW auch das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst, die Bundesanwaltschaft sowie Berliner Landeskriminalamt und Verfassungsschutz. Alle waren sich am 2. November in der letzten Sitzung zum Fall Amri einig, es sei „kein konkreter Gefährdungssachverhalt erkennbar“.

Die Behörden in NRW hätten allerdings wagen können, den dort gemeldeten Amri in Abschiebehaft zu nehmen, nachdem Tunesien ihn im Oktober als seinen Staatsbürger genannt hatte. Jägers Spruch, der Rechtsstaat sei „bis an die Grenze“ gegangen, stimmt da nicht ganz.

Offen bleibt, was der Untersuchungsausschuss in drei Monaten zustande bringt. Laschet kündigte am Mittwoch an, auch nach der Wahl sei im Fall Amri ein Ausschuss nötig. Der Tunesier Anis Amri hatte am 19. Dezember in Berlin den schwersten islamistischen Anschlag auf deutschem Boden mit zwölf Toten verübt.

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