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Florian Mausbach (M), Andreas Nachama (l) und Dieter Bingen von der Initiative zur Errichtung eines Denkmals für die polnischen Opfer der NS-Herrschaft.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berlin-Kreuzberg: Neues Denkmal in Berlin soll an polnische NS-Opfer erinnern

Bald 80 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges will eine Initiative in Berlin ein Denkmal für die Opfer der deutschen Besatzung in Polen. Es gibt aber auch Einwände.

Von Hans Monath

Ein Denkmal in der Mitte Berlins soll rund 80 Jahre nach der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges an die polnischen Opfer der NS-Gewaltherrschaft zwischen 1939 und 1945 erinnern. Dies schlägt eine Initiative von rund 80 gesellschaftlichen Vertretern vor, die ihr Projekt am Mittwoch der Öffentlichkeit vorstellte. Darunter sind die früheren Bundestagspräsidenten Rita Süssmuth und Wolfgang Thierse, der Direktor der Topographie des Terrors, Andreas Nachama, sowie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

Es gebe kaum eine polnische Familie, die nicht von der Besatzungsherrschaft betroffen war, heißt es in ihrem an den neuen Bundestag gerichteten Aufruf. In Deutschland sei „dieses barbarische Unrecht nur unzureichend bekannt“. Die „unsäglich großen Opfer, Leiden und Erniedrigungen der Polen“ verdienten ein eigenes Zeichen des Gedenkens in der Mitte der Hauptstadt.

Wenn das Tätervolk den Opfern ein Denkmal setzt, um deutlich zu machen, dass es zur heutigen Verantwortung gehört, sicherzustellen, dass nichts in Vergessenheit gerät, was geschehen ist, ist das richtig. Eine gemeinsame europäische Zukunft kann nur im Bewusstsein dessen, was geschehen ist, entstehen.

schreibt NutzerIn SozialerDemokrat

Nach dem Willen der Initiatoren soll „ein in die Höhe strebendes, weithin sichtbares Gedenkzeichen“ auf der öffentlichen Grünfläche am Askanischen Platz gegenüber dem künftigen Dokumentationszentrum der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ im Deutschlandhaus entstehen. Mit einem Denkmal an diesem Ort „würde ein deutsch-polnisches Zeichen gesetzt, das Krieg, Vernichtung, Flucht, Vertreibung und Versöhnung in den untrennbaren Zusammenhang von Ursache und Wirkung stellt“, heißt es im Aufruf. Die polnische Regierung begrüßte den Aufruf, wie die Botschaft des Landes am Mittwoch erklärte. Am Askanischen Platz liegt auch die Redaktion des Tagesspiegels.

Denkmal im Volkspark nicht geeignet

Die Initiative erinnerte daran, dass das Denkmal ein Herzensanliegen des 2015 verstorbenen Wladyslaw Bartoszewski gewesen sei, eines Auschwitz-Überlebenden und Vorkämpfers der deutsch-polnischen Versöhnung. Das 1972 von der DDR im Volkspark Friedrichshain errichtete „Denkmal des polnischen Soldaten und des deutschen Antifaschisten“ sei nicht geeignet, an das Leiden der polnischen Zivilbevölkerung zu erinnern.

Die Verbrechen der Nazis, geduldet oder gefördert von einer relevanten Anzahl der damaligen Deutschen, sind fürchterlich. Natürlich muss für alle Zeiten daran erinnert werden. Ich halte es aber für falsch, das Gedenken nach Opfergruppen aufzuteilen.

schreibt NutzerIn aladin1

Thierse wies darauf hin, dass auch der Errichtung des ebenfalls von der Zivilgesellschaft vorgeschlagenen Holocaust- Denkmals eine lange Debatte vorangegangen war. Er sei zuversichtlich, dass eine breite Mehrheit des Bundestages die Idee befürworten werde, und wünsche sich eine Verwirklichung „in nicht allzu weiter Ferne“. Nachama meinte, die Besetzung Polens sei „die Generalprobe für das, was nachher europaweit passiert ist“ gewesen, nämlich die „Auslöschung ganzer Völker im Sinne der NS-Ideologie“.

"Es ist problematisch, die NS-Opfer nach Nationalitäten einzuteilen"

Einwände gegen die Initiative erhoben indes mehrere Praktiker der Gedenkkultur. „Es ist problematisch, die NS-Opfer nach Nationalitäten einzuteilen“, warnte der langjährige Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Markus Meckel. Damit provoziere man Forderungen weiterer von Nazi-Deutschland überfallener Nationen nach Denkmälern. „Mit dem Gedenken an der Ostgrenze Polens aufzuhören ist nicht angebracht“, sagte auch der frühere Direktor des Deutsch-Russischen Museums, Peter Jahn. „Die Vernichtungslogik der Nazis hielt sich nicht an diese Grenzen.“ Jahn setzt sich stattdessen für einen „Gedenk- ort für die Opfer der NS-Lebensraumpolitik“ ein.

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