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Ein AV8 Harrier landet auf der „Giuseppe Garibaldi“. Die Entscheidung, ob das deutsche Angebot für Libyen genutzt wird, liegt nun bei der Nato. Foto: Marcello Paternostro/AFP

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Politik: Berlin zu Waffenlieferung bereit

Deutschland will Nato-Truppen bei Krieg in Libyen helfen – Opposition verlangt Aufklärung

Berlin - Die Nato braucht Munition. Deshalb hat die „Nato Maintenance and Supply Agency“ (Namsa) eine Anfrage an alle Mitgliedstaaten gestellt. Von deutscher Seite wurde „die grundsätzliche Bereitschaft zur Lieferung von Bauteilen für Präzisionsmunition“ signalisiert, wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums dem Tagesspiegel sagte. Ob das deutsche Angebot angenommen wird, obliegt jedoch der Namsa, sagte der Sprecher weiter. Das heißt, die Nato muss letztlich entscheiden, wie und von wem sie ihre Lieferungen bekommt.

Details, wie viel Munition und für welche Waffensysteme sie gebraucht wird, sind noch nicht klar. Deutschland wäre aber sofort in der Lage zu liefern. Unklar ist zudem, ob Deutschland die Bauteile dann verkauft oder ob es eine andere Form des Lastenausgleichs gibt. Auch eine Schenkung ist nicht ausgeschlossen.

International hatte es viel Kritik an der deutschen Enthaltung im Libyeneinsatz gegeben. Wiederaufbauhilfen hat Deutschland zwar bereits zugesagt – für die Zeit nach dem Ende der Bombenangriffe. Eine wie auch immer geartete Beteiligung an den Kampfhandlungen hat die Bundesregierung aber bisher immer ausgeschlossen. Mit einer Lieferung von Waffentechnologie wäre diese Enthaltung gebrochen. Welche Mechanismen genau greifen, ist noch nicht klar. In den „Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ beim Bundeswirtschaftsministerium heißt es, dass die Bundesregierung ihre Entscheidungen nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KWKG) und dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in Übereinstimmung mit dem von dem Rat der Europäischen Union (EU) angenommenen „Verhaltenskodex der Europäischen Union für Waffenausfuhren“ treffe. Dort heißt es aber auch über den Export von Waffen in Nato- oder EU-Länder: „Der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in diese Länder hat sich an den Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Bündnisses und der EU zu orientieren. Er ist grundsätzlich nicht zu beschränken, es sei denn, dass aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen eine Beschränkung geboten ist.“ Deshalb muss der Bundessicherheitsrat, ein Kontrollgremium für die deutsche Sicherheitspolitik, wohl auch nicht informiert werden, da es sich um eine Lieferung an Nato-Länder handeln würde. Auch eine Beteiligung des Bundestages ist nicht zwingend nötig.

Dass die Nato überhaupt diese Anfrage gestellt hat, kann als Signal gesehen werden, dass der Einsatz an die Substanz geht und den Bündnispartnern allmählich die Munition ausgeht im Kampf gegen Machthaber Muammar al Gaddafi. Zwar wurde am Dienstag gemeldet, dass die Rebellentruppen weiter auf die Hauptstadt zumarschieren. Trotzdem ist ein Ende des Krieges nach wie vor nicht abzusehen. Die Nato bombardiert seit Ende März fast täglich militärische Ziele in Libyen. Das Bündnis beruft sich auf eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, wonach „alle notwendigen Maßnahmen“ zum Schutz der Zivilbevölkerung vor den Truppen Gaddafis zulässig sind. Dass die Munition aus Deutschland also zum Einsatz kommt, ist zumindest möglich.

Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, wirft der Bundesregierung „Verlogenheit in der Libyenpolitik“ vor. Erst kritisiere Deutschland seine Partner für den Einsatz, dann gebe man Waffen. „Die Informationspolitik unter Herrn de Maizière ist mittlerweile noch schlimmer als bei seinem Vorgänger“, sagte Arnold dem Tagesspiegel. Zudem sei die rechtliche Einschätzung falsch, dass die Angelegenheit das Parlament nichts angehe. „Es geht hier um Haushaltsfragen, und das gehört ins Parlament. Wir werden uns damit in jedem Fall am Mittwoch im Verteidigungsausschuss beschäftigen.“

Die Öffentlichkeit getäuscht sieht Paul Schäfer, Verteidigungsexperte der Linken. „Das ist ein klarer Fall von Doppelmoral. Die Bundesregierung hatte gesagt, sie sei nicht dabei, nun ist sie es doch.“

Für die Grünen wiederum geht es nicht um die Frage, ob mögliche Waffenlieferungen durch Richtlinien gedeckt seien. „Es geht darum, dass die Bundesregierung und der Verteidigungsminister zu ihrem Wort stehen“, sagte der grüne Obmann im Verteidigungsausschuss Omid Nouripour gegenüber dem Tagesspiegel. Sein Urteil ist eindeutig: „Die Aussage – wir beteiligen uns nicht – bricht wie ein Kartenhaus in sich zusammen.“

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