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Politik: Berliner Werte

Die Pläne des Senats für eine Alternative zum Religionsunterricht werden von allen Seiten kritisiert

Hannover - Der Streit um den geplanten Werteunterricht in Berlin beschäftigt auch die Teilnehmer des Kirchentags in Hannover. Nicht nur Zugereiste aus Baden-Württemberg, Frankfurt am Main oder Köln regen sich darüber auf, auch Politiker aller Parteien kritisieren die Pläne der Berliner Koalition, egal auf welchem Podium sie sitzen. Angela Merkel legte bereits bei einem Empfang der CDU am Eröffnungsabend los und dankte Wolfgang Huber, dem EKD-Ratsvorsitzenden für seinen Einsatz im Kampf gegen die „religiöse Intoleranz“ der Berliner Sozialdemokraten. Die christlich-jüdischen Werte könnten nun einmal nicht wie Mathematik unterrichtet werden, so Merkel, sondern bräuchten einen überzeugten Glaubensvertreter. Man werde nicht zulassen, dass die Berliner ihre Pläne umsetzen. Bei ihrer Bibelarbeit am Mittwoch wiederholte die CDU-Parteichefin ihren Unmut und erntete jedes Mal tosenden Beifall dafür. Fragt man bei den Christen im Publikum nach, warum sie die Berliner Pläne denn so entrüsten, äußern etliche die Bedenken, Berlin könnte zu einer Art Negativmodell werden.

Auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt kritisierte die Berliner Pläne. Sich für eine Religion und einen Glauben zu entscheiden, sei nicht nur eine Vernunftsache, sondern eine Herzensentscheidung. „Der geplante Werteunterricht in Berlin schafft das nicht.“ Nur wenn man auf jemanden treffe, der selbst glaubt, könne man sich zu einer solchen Entscheidung durchringen, oder eben nicht. Winfried Hassemer, der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, entpuppte sich ebenfalls als Freund des Religionsunterrichts. „Dass der Staat neutral ist, ist eine große Errungenschaft“, sagte Hassemer bei einem Podiumsgespräch mit Bischof Huber zum Thema Rechtssystem und Wertegemeinschaft. „Wenn der Staat anfängt, die Inhalte des Religionsunterrichts zu bestimmen, legt er die Axt an unsere Verfassung“, ergänzte Huber. Mehrere tausend Menschen in der überfüllten Halle klatschten und stampften als Zeichen ihrer Zustimmung mit den Füßen. Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, äußerten hochrangige SPD-Genossen bei einem Empfang am Rande des Kirchentages. Die Umsetzung zeichne sich als so schwierig ab, dass es möglicherweise doch nicht dazu kommen werde.

Claudia Keller

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