zum Hauptinhalt
Altbauten und Neubauten in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte. Die Kuppel der Synagoge ist zu sehen.

© Thilo Rückeis

Berlins Senat plant Mietendeckel: Die rot-rot-grünen Verschlimmbesserer

Mit seinem Mietendeckel wollte der Berliner Senat endlich liefern und ganz nah bei den Menschen sein. Das Ergebnis? Steigende Mieten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Man muss kein Prophet sein, sondern nur eins und eins addieren, um den Ausgang der Berliner Mietendeckeldebatte prognostizieren zu können: höhere Mieten! Dem rot-dunkelrot-grünen Senat wird das Kunststück gelungen sein, erst Panikreaktionen provoziert zu haben, dann juristisch blankziehen zu müssen.

Das kommt davon, wenn guter Wille sich mit sachlicher Inkompetenz und dem ungebändigten Wunsch paart, endlich mal zu liefern, ganz nah bei den Menschen zu sein, der Immobilienbranche Paroli zu bieten.

Pustekuchen! Der Mietenstopp wird nicht kommen, jedenfalls nicht wie geplant, aber diverse Haushalte dürften in diesen Tagen über eine anstehende Mieterhöhung informiert worden sein. Und was das Traurigste an diesem Trauerspiel ist: Das Ergebnis war absehbar.

Nicht fiese Spekulanten sind dafür verantwortlich, sondern Politiker, die sich dermaßen intensiv um das Gemeinwohl sorgen, dass ihnen der Gemeinsinn, der "common sense", abhandengekommen ist.

Nehmen wir an, der Staat würde der Mineralölbranche verbieten, in den Sommerferien die Spritpreise zu erhöhen. Was würde geschehen? Na klar: Die Benzinpreise würden vor den Sommerferien erhöht. Insofern war der Aufruf des Berliner Landesverbandes "Haus und Grund", der überwiegend private Kleineigentümer vertritt, rechtzeitig vor der entscheidenden Senatssitzung am kommenden Montag die Mieten zu erhöhen, weder überraschend noch perfide.

Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Senatorin spricht von einem "historischen Moment"

Auch Vermieter müssen Kosten kalkulieren. Da gibt es die Inflation, da gibt es die Lohnsteigerungen im Handwerksgewerbe. Bislang konnten die Mehrkosten durch Mieterhöhungen ausgeglichen werden. Das aber soll künftig fünf Jahre lang nicht mehr möglich sein. Wer nun, wie der Berliner Senat, schlafende Hunde weckt, darf sich nicht darüber beschweren, wenn die auch bellen. So ist der Hund, so ist der Mensch.

Selbst die "jungen Genossenschaften" und der Verein der "Wohnungsbaugenossenschaften Berlin" warnen: Bei einem Mietenstopp könnten sie nicht mehr kostendeckend wirtschaften, Vermietungen würden zum Zuschussgeschäft, Investitionen auf Eis gelegt. Nachdem der Senat sein Eckpunktepapier, das Grundlage für den Mietendeckel sein soll, vor ein paar Tagen verabschiedet hatte, twitterte die zuständige Senatorin: "Ein historischer Moment!"

Die Historie biegt sich vor Lachen

Da biegt sich die Historie vor Lachen. Denn abgesehen davon, dass der erste Effekt dieses "historischen Momentes" Mieterhöhungen waren, ist völlig offen - und eher zweifelhaft -, ob der Mietendeckel juristisch haltbar ist. Mietpreisrecht ist Bundesangelegenheit, das Land Berlin ist womöglich gar nicht zuständig, Experten rechnen mit einer "anhaltenden eklatanten Rechtsunsicherheit", die wohl erst durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus der Welt geschafft würde.

"Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert." Das soll der irische Schriftsteller George Bernard Shaw gesagt haben.

Etwas weniger dramatisch heißt das: Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint. Für die Politik eines Senats, deren Kollateralschäden größer sein werden als ihr erhoffter Nutzen, ist das freilich ein schwacher Trost. Ein noch schwächerer Trost ist es, dass all jene Mieter, deren Miete in diesen Tagen erhöht wurde, zumindest wissen, wem sie das zu verdanken haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false