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Politik: Berlusconi ante portas

Italiens Ministerpräsident Prodi verliert Vertrauensabstimmung im Senat - Neuwahlen wahrscheinlich

Die Mitte-Links-Regierung um Romano Prodi ist gescheitert; der Senat versagte dem 68-jährigen Ministerpräsidenten am Donnerstagabend, wie erwartet, das Vertrauen. Italien steht nun vor Neuwahlen. Unklar ist nur, ob diese schon für das Frühjahr anberaumt werden oder zuerst eine Übergangsregierung eingesetzt wird.

Aus den eigenen Reihen hatte man ihm abgeraten. Aber Romano Prodi, für seine Ausdauer berühmt, für seine Starrköpfigkeit berüchtigt, wollte bis zum Ende kämpfen. Die Vertrauensabstimmung im Abgeordnetenhaus hatte er am Mittwoch dank komfortabler Mehrheit gewonnen; die im Senat gestern Abend stand von Anfang an unter einem schlechten Stern: Der zurückgetretene Justizminister Clemente Mastella hatte seine drei Senatoren in die gegnerischen Reihen geführt. Auch einzelne Senatoren der Koalition hielten Prodis Regierung längst für gescheitert. Sie verlangten „zugunsten der Regierbarkeit des Landes“ einen „Neuanfang“.

Damit hatte Prodi seine ohnehin hauchdünne Mehrheit faktisch verloren, und entsprechend ging das Vertrauensvotum aus: 156 Senatoren entschieden sich für Prodi, 161 allerdings gegen ihn. Das heißt aber auch, dass sieben Senatoren aus der Koalition gegen Prodi gestimmt haben.

Vergeblich hatte der Ministerpräsident gewarnt, das Land könne sich angesichts der schlechten Wirtschafts- und Konjunkturdaten den „Luxus eines Vakuums“ anstelle einer Regierung nicht leisten. Die Senatoren beschwor er, „jetzt keinen zerstörerischen Akt“ zu begehen. Aber seine kurze Rede am Donnerstagnachmittag klang schon viel defensiver als seine kämpferische Ansprache vor dem Abgeordnetenhaus einen Tag zuvor.

Die Vertrauensdebatte im Senat wurde von einem schweren Zwischenfall überschattet: Stefano Cusumano aus der Partei des Ex-Justizministers hatte es gewagt, trotz Mastellas Vorgaben dem Regierungschef das Vertrauen zuzusichern. Da stürzte sein Fraktionschef auf ihn zu, spuckte ihm ins Gesicht, beschimpfte ihn als „Schwuler! Verräter! Hanswurst“, und machte mit der Hand das Zeichen einer Pistole. Cusumano brach in Tränen aus und fiel in Ohnmacht. Zum Zeitpunkt der Abstimmung indes war er wieder auf den Beinen und votierte für Prodi.

Nach ihrem Sieg feierten Oppositionsabgeordnete mit Champagner im Sitzungssaal des Senats. Anhänger der Berlusconi-Partei „Forza Italien“ jubelten, es sei „endlich die Diktatur der Minderheit beendet“ worden. Die zweite Regierung Prodi – zum ersten Mal hatte er zwischen 1996 und 1998 regiert – war am 17. Mai 2006 vereidigt worden. Sie bestand aus einer Koalition von elf Parteien, von denen neun mit Staatssekretären oder Ministern in der 103-köpfigen Regierung vertreten waren. Das politische Spektrum reichte von katholischen Zentristen über Liberaldemokraten, Grüne und Sozialdemokraten bis hin zu den beiden kommunistischen Parteien Italiens.

Wie es in Italien weitergeht, bleibt einstweilen offen. Oppositionsführer Silvio Berlusconi fordert „Neuwahlen sofort!“; ihm zur Seite steht der Chef der rechtskonservativen Alleanza Nazionale, Gianfranco Fini, obwohl er sich zuletzt von Berlusconi losgesagt hatte. Andere Parteien sowohl auf Regierungs- wie auf Oppositionsseite verlangen eine Übergangsregierung. Sie soll das Wahlrecht reformieren und die Parteienzersplitterung, die für das Scheitern der Regierung Prodi mit verantwortliche gemacht wird, beenden.

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