zum Hauptinhalt

Politik: Berlusconi bleibt stur

Das höchste Gericht erklärt Prodi zum Wahlsieger. Doch der Regierungchef will ihn nicht anerkennen

Der Oberste Gerichtshof in Rom hat am Mittwoch den Sieg des Linksbündnisses bei den Parlamentswahlen bestätigt und damit den Weg für einen Regierungsauftrag an Romano Prodi frei gemacht. Doch wer auf eine Klärung der politischen Krise gehofft hatte, wurde enttäuscht. Prodis politische Zukunft bleibt ungewiss. Berlusconis Forza Italia weigerte sich auch nach dem Richterspruch, das Wahlergebnis anzuerkennen und kündigte Einspruch beim Verwaltungsgericht in Rom an. Auch die Lega Nord will Prodi nicht als Regierungschef anerkennen. Ein möglicher Überläufer aus seinem Mitte-links- Bündnis könnte zudem Prodis hauchünnen Vorsprung im Senat gefährden.

Das amtliche Ergebnis bescheinigte Prodis Koalition einen Vorsprung von 24 755 Stimmen. Das Gericht wies den Einspruch der Lega Nord gegen die Zuteilung von rund 45 000 Stimmen einer autonomistischen Splitterpartei an das Linksbündnis ab. Berlusconis „Verschwörungstheorie eines massiven Wahlbetrugs“ sei Lügen gestraft worden, frohlockte das Linksbündnis. Jetzt könne Italien mit Zuversicht in eine bessere Zukunft blicken.

Wirtschaftsminister Giulio Tremonti kündigte an, dass die Forza Italia das Ergebnis weiterhin nicht anerkenne : „Bei einem so knappen Resultat sind weitere Kontrollen erforderlich.“ Die Zahl der Stimmzettel stimme mit jener der Wähler nicht überein. Dagegen übermittelte der christdemokratische Parteichef Lorenzo Cesa dem Wahlsieger Prodi am Abend seine Glückwünsche. Damit akzeptierte er als erster Spitzenpolitiker des Rechtsbündnisses das amtliche Ergebnis.

Während Prodi auf einer Pressekonferenz die Bildung einer „starken und handlungsfähigen Regierung“ ankündigte und von einem Sieg der Demokratie sprach, sagte der Minister für Auslandsitaliener Mirko Tremaglia: „Prodis Mehrheit existiert nicht mehr.“ Einer der im Ausland gewählten Senatoren habe dem Linksbündnis bereits den Rücken gekehrt, behauptete Tremaglia. Den Namen des Überläufers wollte er noch nicht nennen. Vermutlich handelt es sich um den in Chigago gewählten Renato Turano. Der Besitzer einer Großbäckerei hatte sich ursprünglich um eine Kandidatur auf der Liste von Forza Italia bemüht. Die Vereinigung der Auslandsitaliener hat Tremaglias Darstellung dementiert. Das Linksbündnis verfügt im Senat nur über zwei Stimmen Mehrheit. Stellt es den Senatspräsidenten selbst, sinkt der Vorsprung auf eine einzige Stimme.

Die Bildung einer neuen Regierung wird sich auch nach der Gerichtsentscheidung voraussichtlich bis in die zweite Mai-Hälfte hinziehen. Gemäß der italienischen Verfassung beauftragt der Präsident als Staatsoberhaupt den Wahlsieger, sein neues Kabinett zusammenzustellen. Präsident Carlo Azeglio Ciampi hat aber angedeutet, diese Entscheidung seinem Nachfolger zu überlassen. Ciampis Amtszeit geht am 18. Mai zu Ende. Das Parlament wird voraussichtlich am 12. oder 13. Mai ein neues Staatsoberhaupt ernennen. Allerdings schließen politische Beobachter nicht aus, dass Ciampi doch noch selbst einen Regierungsauftrag an Romano Prodi erteilen könnte. Denn bisher gibt es noch nicht einmal offizielle Kandidaten für die Nachfolge Ciampis.

Gerhard Mumelter[Rom]

Zur Startseite