zum Hauptinhalt

Politik: Berlusconi entkommt seinen Richtern nicht

Korruptionsprozess gegen Italiens Regierungschef wird nicht verlegt

Der oberste Gerichtshof in Italien hat entschieden – gegen Silvio Berlusconi, und letztlich auch gegen die Gesetzgebung des italienischen Regierungschefs. Die Richter lehnten am Dienstagabend einen Antrag auf Verlegung des in Mailand laufenden Korruptionsprozesses gegen Berlusconi ab. Italiens Ministerpräsident ist angeklagt, einen Richter bestochen zu haben. In der Öffentlichkeit war das Urteil des obersten Gerichtshofs mit Spannung erwartet worden.

Es gebe keinen Grund, den Prozess wie beantragt ins benachbarte Brescia zu verlegen, befand das Richtergremium, das nach zweitägiger Anhörung von Staatsanwaltschaft und Verteidigung sein Urteil verkündete. Grundlage für den Antrag der Berlusconi-Verteidigung war ein Gesetz, das das Parlament im Herbst mit den Stimmen von Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition beschlossen hatte. Die Opposition hatte aus Protest nicht an der Abstimmung teilgenommen und tausende Italiener waren gegen das „Lex Berlusconi“ auf die Straße gegangen. Nach dem neuen Gesetz kann ein Prozess verlegt werden, wenn der Angeklagte den Verdacht äußert, dass ein Gericht gegen ihn voreingenommen ist. Berlusconi hatte mehrmals der Mailänder Justiz vorgeworfen, ihn aus politischen Gründen zu verfolgen. Politisch motivierte „rote Richter“ würden dort über ihn entscheiden, hatte er geklagt.

Berlusconi wird beschuldigt, Anfang der 90er Jahre einen Richter bestochen zu haben, um beim Verkauf eines Lebensmittelunternehmens zum Zug zu kommen. Damals war der Großunternehmer Berlusconi in der Politik noch nicht aktiv.

Wäre der Prozess, der sich bereits in der Endphase befindet, verlegt worden, hätte Berlusconi nicht nur auf die Milde der regierungsnahen Richter in Brescia hoffen können, sondern auch beträchtlich Zeit gewonnen. Und die hätte für ihn gearbeitet. Schließlich hätte sich das neue Gericht erst einarbeiten müssen und möglicherweise wäre der Prozess sogar neu aufgerollt worden. Am Ende wäre das Verfahren dann aller Wahrscheinlichkeit nach wegen Verjährung eingestellt worden. Denn in Italien laufen Verjährungsfristen auch nach dem Beginn eines Verfahrens weiter.

„Eine große Schlappe für Berlusconi“ kommentierte Kommunistenchef Fausto Bertinotti die Entscheidung der römischen Richter. Jetzt wird der Prozess seinen regulären Abschluss finden. Medienberichten zufolge wird noch in diesem Jahr das Urteil gesprochen werden.

Thomas Migge[Rom]

Zur Startseite