zum Hauptinhalt
Wie weiter mit der AfD? Und mit wem? Die Lage ist unübersichtlich.

© Lukas Schulze/dpa

Update

Bernd Lucke gegen Frauke Petry gegen...: "Weckruf 2015" soll Rechtsruck der AfD stoppen

Der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke will den rechten Flügel isolieren und erwägt notfalls auch die Gründung einer neuen Partei. Ein Verein "Weckruf 2015" soll den Weg zu kollektiven Austritt aus der AfD ebnen.

Von Matthias Meisner

Der AfD-Gründer Bernd Lucke will in Kürze mit einer neuen Botschaft an die Mitglieder versuchen, den rechten Flügel der Partei zu isolieren. Dem Vernehmen nach wollen er, Hans-Olaf Henkel und andere führende Vertreter des liberal-bürgerlichen Flügels der AfD zuerst ausloten, wie groß ihr Rückhalt in der Partei noch ist. Sollte sich herausstellen, dass die Rechten schon die Oberhand gewonnen haben, wollen sie möglicherweise eine eigene Partei gründen.

Eine ursprünglich für diesen Dienstag in Straßburg geplante Pressekonferenz hat Lucke abgesagt. Stattdessen luden er und seine Mitstreiter - zu denen auch der Europaabgeordnete und frühere Parteivize Hans-Olaf Henkel gehört - Journalisten zu einem Hintergrundgespräch ein. Lucke hatte bereits nach der Bremen-Wahl vor einer Woche in einer langen E-Mail die Basis vor "Zersetzungsprozessen im Inneren der Partei" gewarnt, die für die AfD mehr und mehr existenzgefährdend würden.

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" beschloss Lucke in Geheimverhandlungen mit Verbündeten in der vergangenen Woche die Gründung einer Interessengemeinschaft, die den Namen "Weckruf 2015" tragen soll. In die Gemeinschaft, die der Rechtsform nach als Verein gegründet wurde, wollen neben Lucke etliche Europaabgeordnete, Landesvorsitzende und andere Spitzenfunktionäre aus dem gemäßigten Lager der AfD eintreten. Die Gründer erwarten zudem den Beitritt von mehreren Tausend AfD-Mitgliedern, die damit ein Zeichen gegen rechtsideologische Tendenzen in ihrer Partei setzen sollen.

Zu den Gründern des Vereins gehören neben Lucke auch Henkel sowie die Landesvorsitzenden von Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg, Ulrike Trebesius und Bernd Kölmel. Sie alle machen ihr weiteres Engagement für die AfD auch von der Frage abhängig, ob weite Teile des gemäßigten Lagers ihre Unterstützung für den neuen Verein durch einen Beitritt zum Ausdruck bringen.

AfD-Chef Bernd Lucke am Wahlabend in Bremen
AfD-Chef Bernd Lucke am Wahlabend in Bremen

© Jochen Lübke/dpa

Die Angriffe seiner Ko-Chefin Frauke Petry wies der Parteivorsitzenden zurück. "Frauke Petry wird lernen müssen, dass sie mich nicht gleichzeitig angreifen und zu vertrauensvoller Zusammenarbeit auffordern kann", sagte Lucke der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Zuvor hatte Petry in mehreren Interviews erklärt, Lucke habe sich "politisch in eine Sackgasse manövriert". Niemand sei unersetzlich, meinte sie. Lucke fehle es an Kompromissbereitschaft. Am Wochenende hatte Petry, die auch Fraktionschefin der AfD im sächsischen Landtag ist, zu einem Demokratiekongress nach Dresden eingeladen - die Ansammlung innerparteilicher Petry-Freunde dort durfte nach Einschätzung von Beobachtern durchaus als Machtdemonstration verstanden werden.

Henkel hatte, ohne Namen zu nennen, laut "Spiegel" erklärt: "Wir müssen die Partei von diesen Elementen säubern." Laut Nachrichtenmagazin ließ der ehemalige BDI-Chef dabei keinen Zweifel daran, dass er mit "Elementen" die Landeschefs Petry (Sachsen), Alexander Gauland (Brandenburg) und Marcus Pretzell (Nordrhein-Westfalen) meinte. Petry wollte sich zu diesem Zitat ihres Parteifreundes nicht äußern - "weil's unter meinem Niveau ist".

"Tempo des destruktiven Prozesses gewinnt an Fahrt"

Der Lagerkampf innerhalb der AfD bedroht aus Sicht der Nachwuchsorganisation zunehmend die Existenz der Partei. "Der Tempo des destruktiven Prozesses gewinnt an Fahrt", sagte der Bundeschef der "Jungen Alternative", Philipp Meyer der "Thüringer Allgemeinen". Schuld an der Entwicklung trügen vor allem die "radikalen Kräfte" um den Thüringer Partei- und Fraktionschef Björn Höcke, die eine Spaltung der AfD herbei führen wollten. Es sei "völlig richtig", dass der Bundesvorstand um den Vorsitzenden Lucke ein Amtsenthebungsverfahren gegen Höcke eingeleitet habe, sagte der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation, der selbst auf Erfurt stammt. "Es darf nicht sein, dass die AfD mit Rechtsextremisten in Verbindung gebracht wird." Die Aussage Höckes, dass nicht jedes NPD-Mitglied extremistisch sei, habe der Partei geschadet. Meyer kritisierte auch den Fraktionsausschluss des Thüringer Landtagsabgeordneten Siegfried Gentele und die Strafmaßnahmen gegen die Abgeordneten Oskar Helmerich und Jens Krumpe. "Das hat mich schockiert", sagte er.

Vorwürfe gegen Landeschef von Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt hat der AfD-Landesvorsitzende André Poggenburg offenbar über Monate gewusst, dass in seiner Partei ein früherer Landtagsabgeordneter der rechtsextremen DVU ist. Das berichtete MDR Sachsen-Anhalt. Die Aufnahme von früheren DVU- und NPD-Mitgliedern ist in der AfD grundsätzlich verboten. Poggenburg hatte den früheren DVU-Abgeordneten im Dezember persönlich in eine geschlossene Facebook-Gruppe für Mitglieder der AfD Sachsen-Anhalt aufgenommen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Ähnlich wie Höcke steht auch Poggenburg wegen Äußerungen zur NPD unter Druck, im Gespräch ist ebenfalls ein Amtsenthebungsverfahren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false