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Beschneidung: Zentralrat bemüht sich um Professionalisierung

Der Zentralrat der Juden in Deutschland will Beschneider besser ausbilden. Die Debatte mit den Kritikern soll weitergehen, verspricht Generalsekretär Kramer.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat nach dem Ja des Bundestags zur religiösen Beschneidung eine Professionalisierung all jener zugesagt, die gemäß jüdischem Ritus beschneiden. In Zukunft sollten nur Mohalim (Beschneider) dies tun können, die eine zertifizierte Ausbildung durchlaufen hätten. Für bereits tätige werde es eine Zusatzausbildung geben, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Kramer versicherte gleichzeitig, man werde sich weiterhin der Debatte um die Beschneidung stellen. „Wir sind es der Gesellschaft und auch uns selbst schuldig, die Diskussion mit den Kritikern zu führen.“ Um die religiöse Beschneidung, die sowohl Juden wie Muslime für männliche Kinder vorschreiben, hatte es seit dem Frühjahr eine heftige Debatte gegeben, die beide Religionsgemeinschaften in Teilen als diskriminierend und feindselig kritisiert hatten. Ausgelöst hatte sie ein Urteil des Kölner Landgerichts nach Komplikationen, die bei einem muslimischen Jungen aufgetreten waren. Das Gericht sah in dem Eingriff eine rechtswidrige Körperverletzung.

Deutsche Muslime und Juden verlangten in der teils hochemotionalen Debatte, die nach dem Urteil einsetzte, Rechtssicherheit für ihre religiöse Praxis und argumentierten, wenn sich die Kölner Auffassung durchsetze, werde ihr religiöses Leben in Deutschland unmöglich. Kritiker hatten argumentiert, das Recht von Kindern auf gewaltfreie Erziehung und körperliche Unversehrtheit sei wichtiger als das ihrer Eltern auf religiöse Erziehung. Kontroversen gab es auch um die Häufigkeit von Komplikationen durch den Eingriff. Der Hamburger Strafrechtler Reinhard Merkel warf der Justizministerin in der Zeitung Verharmlosung vor: Sie hatte gesagt, dass 0,01 Prozent der Beschneidungen weltweit Probleme nach sich zögen. Tatsächlich gebe es sie eher bei fünf Prozent. Der frühere Chefchirurg des Berliner Jüdischen Krankenhauses, Erich Fellmann, hatte in einer Bundestagsanhörung gesagt, er habe nur einmal in 25 Jahren Praxis einen beschnittenen Jungen nachoperieren müssen.

Am Mittwoch nun stimmten Bundestag und Bundesrat mit großer Mehrheit einem Gesetz zu, das die Beschneidung weiter erlaubt, wenn sie fachgerecht erfolgt und die Eltern gründlich aufgeklärt werden. Ein Alternativentwurf von 66 Abgeordneten, die den Eingriff frühestens bei 14-jährigen Jungen und mit deren Zustimmung erlauben wollte, setzte sich nicht durch. Er wäre speziell für jüdische Familien ein Problem geworden, weil im Judentum die Beschneidung am achten Lebenstag des Säuglings vorgeschrieben ist.

Die muslimischen Verbände und der Zentralrat der Juden nahmen die Entscheidung mit Erleichterung auf. Zentralratspräsident Dieter Graumann zeigte sich „froh und erleichtert“ über das Votum. Das neue Beschneidungsgesetz schaffe „endlich wieder Rechtssicherheit und beendet hoffentlich die häufig unselige Debatte“, die das Jahr 2012 geprägt habe und die „zum Teil ausgesprochen hässliche Züge angenommen“ habe. Vieles darin sei für Juden „tief verletzend“ gewesen. Die Beschneidungskontroverse sei auch ein „Toleranztest für unsere Gesellschaft“ gewesen. Er sei nun bestanden.

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