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Besetzung beendet: Nazis in Celle checken aus

Sie wollten ein Schulungszentrum für ihren braunen Nachwuchs und richteten sich in einem leerstehenden Hotel bei Celle häuslich ein. Nach einem Gerichtsentscheid haben die rechten Besetzer das Haus verlassen.

Die meisten Faßberger waren erleichtert. Endlich ist der Spuk vorbei, entfuhr es am Dienstag einer jungen Frau bei der Mahnwache am Landhaus Gerhus. Vor zweieinhalb Wochen waren Neonazis in das leer stehende Hotel bei Celle eingedrungen und hatten sich dort häuslich eingerichtet. Nun zogen die Besetzer ab.

Am Morgen hatte das Landgericht Lüneburg eine einstweilige Verfügung zur Räumung des Gebäudes erlassen und damit einem Antrag des Zwangsverwalters Jens Wilhelm entsprochen. Nachmittags fuhr die Polizei mit zahlreichen Fahrzeugen am Grundstück auf. Die verbliebenen acht Rechtsextremisten wurden aufgefordert, das Haus freiwillig binnen 30 Minuten zu verlassen – sie kamen dem vermummt, aber widerstandslos nach.

Eine Gruppe Neonazis hatte das Gebäude am 17. Juli im Auftrag des Rechtsanwalts und NPD-Mannes Jürgen Rieger besetzt, der dort nach eigenen Angaben ein Schulungszentrum für den braunen Nachwuchs aufziehen will. Rieger hatte mit den Eigentümern einen Pachtvertrag abgeschlossen. Der Vertrag wurde am 26. Mai unterschrieben, einen Tag, bevor Wilhelm auf Antrag von Gläubigern zum Zwangsverwalter für das Hotel bestellt worden war. Wilhelm ficht die Gültigkeit des Pachtvertrages an. Darüber entschied das Landgericht allerdings nicht. Es erklärte aber die Besetzung für unrechtmäßig. Rieger habe verbotene Eigenmacht ausgeübt, als er Schlösser des Hotels aufbohren und es in Besitz nehmen ließ, sagte die Vorsitzende Richterin Angelika Maiß.

Bereits am frühen Dienstagmorgen hatte die Polizei das Hotel durchsucht. Grund für die Razzia war ein Schuss auf dem Grundstück, den in der Nähe postierte Beamte am Vorabend gehört hatten. Bereits vor zwei Wochen soll auf dem Gelände geschossen worden sein, nachdem dort rechte Hausbewacher und linke Demonstranten aneinandergeraten waren. Wer diese Schüsse abgab, ist ungeklärt. Die Polizisten stellten einen Teleskopschlagstock, Pfefferspray und Waffenattrappen sicher, scharfe Schusswaffen fanden sie aber nicht. Auch bei zeitgleichen Durchsuchungen in Hannover und Rotenburg/Wümme beschlagnahmte die Polizei Waffen und Propagandamaterial.

Die meisten Besetzer des Hotels gehörten der als äußert gewaltbereit geltenden Kameradschaft 73 Celle an. Sie hatten Transparente mit rechtsextremen Parolen an das Gebäude gehängt und die Reichskriegsflagge gehisst. Von anfangs 20 bis 30 Nazis stieg die Zahl der Besetzer am vergangenen Wochenende auf mehr als 300 an. An der wohl letzten Mahnwache beteiligten sich am Dienstag noch einmal 200 Menschen.

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