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Joachim Gauck beim „Tag der Befreiung“ in Breda.

© dpa

Besuch in Niederlanden: Gauck in Breda: Last der Vergangenheit, Zukunft in Europa

Es war ein ernster Anlass und eine ernste Rede. Bundespräsident Gauck durfte als erster Deutscher zum „Tag der Befreiung“ in den Niederlanden sprechen. Noch immer sind die Beziehungen beider Länder nicht unkompliziert.

Fast schien es, als wäre das Programm des Befreiungstages in den Niederlanden für Joachim Gauck persönlich entworfen worden. Freiheit und Verantwortung, die Eckpfeiler seines politischen Denkens, waren auch Thema des Tages in der Grote Kerk von Breda. Zum ersten Mal sprach am 5. Mai ein Deutscher und zum ersten Mal ein ausländisches Staatsoberhaupt. Gauck sprach engagiert, aber ohne zu viel Pathos. Schuld und Leid, Widerstand und Versöhnung, die Zukunft Europas, das waren die Kernpunkte seiner Rede.

Den Niederländern war die Bedeutung des Tages durchaus bewusst. Mehrfach war von einer historischen Stunde die Rede. Dabei sollte eigentlich Christian Wulff in Breda sprechen, doch dazu kam es dann nicht mehr. Nach Wulffs Rücktritt als Bundespräsident und Gaucks Wahl im März erneuerten die Niederländer die Einladung, kaum ahnend, wie passend Thema und Anlass für den Ex-Pastor aus Rostock waren. Auf dem Flug wirkte er ein bisschen nervös, später erleichtert über seinen gelungenen Auftritt.

Routine ist das noch nicht, was Gauck auf seinen Antrittsbesuchen in den Nachbarländern vorlegt. Manchmal steht er eher noch etwas ungläubig neben sich. „Ein Flugzeug für mich“, sagte er staunend im Bundeswehr-Airbus auf dem Flug nach Stockholm am Freitag, „eine unwahrscheinliche Geschichte“. Und der Kontakt zu gekrönten Häuptern scheint ihn zu beeindrucken und auch ein bisschen zu amüsieren.

Auch seine Lebensgefährtin Daniela Schadt gesteht, dass sie sich noch nicht ganz an die neue Rolle der First Lady gewöhnt hat. Noch ist sie etwas irritiert vom Blitzlichtgewitter, das jeder ihrer Auftritte in der Öffentlichkeit auslöst.

In Breda aber war Gauck ganz in seinem Element. Er thematisierte die deutsche Schuld, hob aber auch die Gemeinsamkeiten beider Länder hervor und richtete den Blick nach vorne in die europäische Zukunft.

Geschickt sprach er einen heiklen Punkt an

Geschickt sprach er einen Punkt an, der für manche noch heikel ist: Nicht alle Holländer waren Widerstandskämpfer, es gab zwischen 1940 und 1945 auch Unterstützung für die deutschen Besatzer und ihr Schreckensregime. Gauck zitierte den niederländischen Schriftsteller Harry Mulisch, der einmal geschrieben hat: „Ich bin der Zweite Weltkrieg“. Denn Mulischs Mutter war Jüdin, sein Vater aber wurde nach dem Krieg als Kollaborateur verurteilt.

Offiziell gar kein Thema, aber im Hintergrund präsent war dann noch der Fall des Klaas Carel Faber, der in den Niederlanden wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde und dennoch, inzwischen 90-jährig, unbehelligt in Deutschland lebt. Vor dem Besuch hatte der Fall Kritik an der Einladung Gaucks ausgelöst. Danach gefragt sagte er: „Wir haben kein Interesse daran, Verbrecher zu schützen.“ Aber dann machte er kurz vor dem gefährlichen Punkt Halt, an dem man ihm Einmischung in die Justiz vorwerfen könnte, und sagte, die Rechtsordnung müsse natürlich respektiert werden.

Vor ein paar Wochen, in Brüssel, war ihm ein kleiner Lapsus unterlaufen, als er die Meinung kundtat, das Verfassungsgericht werde Schritte zur weiteren europäischen Integration sicher nicht „konterkarieren“. Das war ihm als Bevormundung des höchsten Gerichts ausgelegt worden.

Die Niederländer waren an diesem Tag der Befreiung jedenfalls mit dem Bundespräsidenten zufrieden. Und sie dankten es ihm auf ihre Weise: In einer filmischen Collage zum Abschluss des Festaktes waren Freiheitshelden wie Martin Luther King und John F. Kennedy zu sehen, Nelson Mandela und Mahatma Gandhi und mittendrin: Joachim Gauck. (dpa)

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