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Politik: Betreiber der Atomanlage Sellafield bestreiten systematische Fälschungen - Eine lange Chronik von Sicherheitsverstößen

Der britische Atomkomplex Sellafield ist wieder einmal in den Schlagzeilen. Die manipulierten Sicherheitsdokumente von Brennelementen für das Atomkaftwerk Unterweser sind dabei nur der jüngste Fall in einer Kette von Vorwürfen gegen die Anlage an der Irischen See und ihren Betreiber, die staatliche Gesellschaft British Nuclear Fuels (BNFL).

Der britische Atomkomplex Sellafield ist wieder einmal in den Schlagzeilen. Die manipulierten Sicherheitsdokumente von Brennelementen für das Atomkaftwerk Unterweser sind dabei nur der jüngste Fall in einer Kette von Vorwürfen gegen die Anlage an der Irischen See und ihren Betreiber, die staatliche Gesellschaft British Nuclear Fuels (BNFL). Umweltschutzverbände wie Greenpeace weisen schon seit Jahren auf Sicherheitsverstöße von BNFL hin.

In Sellafield stehen eine Reihe von Atomanlagen, darunter auch die Wiederaufarbeitungsanlage "Thorp", die im Jahr 1994 in Betrieb ging. Thorp ist in erster Linie für die Aufarbeitung von ausländischem Atommüll bestimmt. Auch die deutschen Energieversorger lassen hier - und in der französischen Anlage La Hague - ihre abgebrannten Brennstäbe wiederaufbereiten. Nach Angaben der BNFL Deutschland haben die deutschen Akw-Betreiber Verträge über die Aufarbeitung von insgesamt bis zu 2200 Tonnen abgebrannter Brennelemente abgeschlossen. Bisher sind davon rund 500 Tonnen nach Sellafield transportiert worden. Gut 300 Tonnen sind bisher wiederaufbereitet, aber noch nicht nach Deutschland zurückgebracht worden.

Umweltschützer werfen der BNFL vor, schon seit Jahrzehnten die Sicherheit in Sellafield zu vernachlässigen und systematisch die Umwelt der Anlage radioaktiv zu verseuchen. Seit Anfang der 50er Jahre, so listet Greenpeace in einer "Skandal-Chronik" auf, gab es unzählige Störfälle. 1957 wurde bei einem Reaktorbrand in Windscale, wie die Anlage damals noch hieß, eine radioaktive Wolke freigesetzt. Bei dem Brand, der neben Tschernobyl und Harrisburg zu den drei schwersten Atomunfällen gezählt wird, gab es nach Greenpeace-Angaben mindestens 33 Tote und mehr als 200 Fälle von Schilddrüsenkrebs. Aber auch in den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu Unfällen, wie der Verband aufzählt. So wurden 1997 sechs Arbeiter bei Umbauarbeiten verstrahlt, im vergangenen Jahr traten mehrfach radioaktive Stoffe aus und verstrahlten Arbeiter. Auch wegen radioaktiven Einleitungen in die Irische See ist Sellafield mehrfach in die Kritik geraten. Anfang diesen Jahres bescheinigt die britische Atomaufsicht den Sellafield-Betreibern BNFL eine "mangelhafte Sicherheitskultur".

"Wir haben im Moment eine Zuverlässigkeitskrise", räumt der Präsident der BNFL Deutschland, Eckhard Strecker, im Gespräch mit dem Tagesspiegel ein. Es sei auch nicht wegzudiskutieren, dass bei der Sicherheitskontrolle der umstrittenen Brennelemente falsche Daten benutzt wordens seien. Den Vorwurf der systematischen Fälschung weist er jedoch zurück. "Es handelt sich hier um ein einmaliges menschliches Fehlverhalten, das man nicht generalisieren darf." Für die Kritiker der Anlage hingegen ist klar, dass der jüngste Fall nur ein weiteres Argument dafür ist, dass die deutschen Energieversorger ihre Geschäftsbeziehungen mit der BNFL abbrechen sollten.

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