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Bayrische Familienministerin Christine Haderthauer

© dapd

Betreuungsgeld: Haderthauer: "Es war ein Kampf mit Messern"

Christine Haderthauer, bayrische Familienministerin, sieht sich als "Mutter des Betreuungsgeldes". Im Interview verteidigt die CSU-Politikerin das Vorhaben und attackiert ihre Kritiker als "linke Ideologen".

Frau Haderthauer, die Gegner des Betreuungsgeldes werfen Ihnen vor, einem veralteten Vollzeit-Mutti-Modell das Word zu reden. Und sprechen von „Herdprämie“. Wollen Sie zurück in die 50er Jahre des letzten Jahrtausends?

Wer wie die SPD von Herdprämie redet, weiß nichts von den Bedürfnissen und Wünschen junger Familien und hat offenbar nicht begriffen, dass das Betreuungsgeld unabhängig von einer Erwerbstätigkeit gezahlt wird. Herdprämie ist ein Kampfbegriff linker Ideologen.

Es geht doch auch um Ideologie.

Nein. Eben nicht. Beim Betreuungsgeld geht es um Wahlfreiheit. Es kann nicht sein, dass der Staat nur die Krippe subventioniert, aber die Eltern, die die Betreuung ihrer Kinder privat organisieren wollen, im Regen stehen lässt. Das wäre staatliche Lenkung.

Aber Mutter oder Vater müssen zu Hause bleiben, um Betreuungsgeld zu erhalten?

Nein. Das ist falsch. Die Tendenz war am Anfang sehr stark in der CSU im Bezug auf das Betreuungsgeld von Eltern zu sprechen, die ihr Kind in die Krippe geben und von denen, die es selber erziehen. Ich habe dann mal zu Stoiber gesagt, dass auch Eltern, die ihr Kind in der Krippe betreuen lassen, die Erziehungsverantwortung wahrnehmen, und mir deshalb dieses ‚Wording’ nicht gefällt. Wir dürfen Eltern, die die Krippe wählen nicht die Erziehung absprechen. Es geht schlicht um die Wahl der Betreuungsform.

Was haben Sie getan, um den Entwurf zu ändern? 

Ich war dagegen, es daran zu koppeln, dass Mütter oder Väter die Betreuung selber leisten, also zu Hause bleiben müssen. Das war zwar nirgends niedergelegt, aber schon so in den Köpfen Vieler fest verankert. Ich habe die Konzeption dann geändert und es als schlichte ideologiefreie Alternative zur Betreuungsform Krippe vorgeschlagen. In dieser Form hat es in der CSU breiten Konsens gefunden.  Es war dann mein Konzept, dass der Parteivorsitzende in der Koalitionsrunde durchgekämpft hat. Ich bin die Mutter des Betreuungsgeldes.

War es ein harter Kampf?

Es war zu meinem Erstaunen ein jahrelanger Kampf mit Messern. Aber die aktuelle Familienministerin Schröder und ich haben uns in die Augen gesehen, und ich habe keinen Zweifel, dass der Gesetzentwurf genauso kommt, wie wir ihn vereinbart haben.

Das heißt?

Das heißt, dass in den Eckpunkten zum Beispiel stehen wird: Das Betreuungsgeld setzt keine Einschränkung der Erwerbstätigkeit oder soziale Bedürftigkeit voraus. Das Betreuungsgeld ist eine Leistung, die Elternverantwortung und Wahlfreiheit stützt und stärkt. Es unterstützt junge Eltern dabei, den für sie und ihr Kind individuell passenden Familienentwurf zu leben. Es ist für die vollzeitbeschäftigte Führungskraft, die für ihr Einjähriges eine Kinderfrau engagiert, genauso gedacht, wie für die Krankenschwester, die zu ungünstigen Zeiten arbeitet und sich auf eine Kinderfrau verlässt, wie für den Hausmann, der sein Kleinkind selber betreuen will oder die Doppelverdiener, die die Großeltern einspannen!

Warum ist das Thema emotional so aufgeladen?

Warum ist das Thema emotional so aufgeladen?

Das Betreuungsgeld ist ein Thema für die jungen Familien und Mütter, es ist keine Bewegung der 50- oder 60-Jährigen. Viele ältere Mütter, die noch um gesellschaftliche Anerkennung kämpfen mussten, dass sie ihre Kinder überhaupt „weggeben“ dürfen, sehen ihren eigenen Kampf durch das Betreuungsgeld desavouiert. Aber das ist falsch, diese Angst muss man ihnen nehmen. Die Sorge der jungen Eltern ist ja eine ganz andere: Die müssen sich zwischenzeitlich rechtfertigen, wenn sie das Kind nicht mit einem Jahr in die Krippe geben.

Was passiert mit jungen Familien heute?

Den jungen Familien wird heutzutage strukturell abgewöhnt, ihre Kleinkinder zu Hause zu betreuen. Unser Blick auf die Familie und auf junge Mütter ist viel zu ökonomisch geprägt. Deshalb gilt es Lebensphasen der Kindererziehung zu stärken und das Elterngeld auszubauen. Ich bin für eine Ausweitung der Partnermonate und damit für ein zweijähriges Elterngeld, sobald das finanziell möglich ist. Je mehr wir die Auszeiten von Vätern und Müttern durch Partnermonate egalisieren, umso mehr wird das Elterngeld zum Türöffner für die Emanzipation der Männer.

Der Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD) sagt, das Betreuungsgeld werde von den bildungsfernen Schichten „versoffen“.

Ich sage: Wir vertrauen Eltern. Wir können nicht alle Familien unter Generalverdacht stellen, weder die ausländischen noch die sozial schwachen.

Werden Mütter gar nicht strukturell vom Beruf ferngehalten?

Jedenfalls nicht durch das Betreuungsgeld, das bekommt ja auch die Vollzeitmanagerin. Schlechte Chancen im Beruf haben vorrangig damit zu tun, dass Mütter von Schulkindern zu wenig Betreuungsangebote vorfinden. Hier hat der Bund die falschen Prioritäten gesetzt. Anstatt sich nur auf die Krippe zu konzentrieren, hätte er besser den Ländern mit der gleichen Summe geholfen erst mal die Nachmittagsangebote für Schulkinder zu sichern. Es kann doch nicht sein, dass das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren besser ist als das für Schulkinder. Gerade dann, wenn viele Eltern beruflich wieder durchstarten wollen, weil ihre Kinder das Schulalter erreicht haben, werden sie beruflich oft von unzureichenden Betreuungsangeboten ausgebremst.

Mütter bleiben die gesellschaftlichen Verlierer.

Ja. Mütter sind die gesellschaftlichen Verlierer. Und solange dies so ist, werden Männer Angst davor haben, als Väter auch zu diesen Verlierern zu gehören. Klar, dass das die Männer nicht wollen.

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