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Ehre verteidigen. Bettina Wulff ist entsetzt über die unseriösen Berichte einiger Medien. Ansonsten erzählt sie aus dem Leben an der Seite von Christian Wulff.

© dpa

Bettina Wulffs Buch: Bitterkeit in jeder Zeile

Sie wurde bewundert, angefeindet, verlacht und auch verachtet - nun hat Ex-First-Lady Bettina Wulff ein Buch geschrieben. Besonders ausführlich nimmt sie darin Stellung zu den Gerüchten um eine vermeintliche Vergangenheit im Rotlichtmilieu.

Von Antje Sirleschtov

Kerzengerade, den Kopf aufrecht und den Blick selbstbewusst in das Blitzlichtgewitter gerichtet – so hat Bettina Wulff am 17. Februar im Schloss Bellevue gestanden, als ihr Mann seinen Rücktritt erklärte. Eine junge Frau, die wenige Monate zuvor aus Hannover nach Berlin gekommen war, um die erste Dame des Landes, die First Lady zu werden. Die ihre kleinen Kinder den Freunden entreißen und in eine ungemütliche Dienstvilla in Berlin verfrachten musste. Der niemand erklärt hatte, welches Kleid man trägt, wenn man Prinzessinnen begegnet und die sich Zärtlichkeiten mit ihrem Mann in Hotelbetten verkniffen hat, weil nebenan die Bodygards saßen und die Wände dünner waren, als man denkt.

Fast zwanzig Monate lang spielte Bettina Wulff diese Rolle. Sie wurde bewundert, angefeindet, verlacht und auch verachtet. Gerüchte über eine halbseidene Vergangenheit wurden ihr vom Chefredakteur der Bild-Zeitung zum Frühstück präsentiert, ihr Zuhause im niedersächsischen Großburgwedel madig gemacht, ihr Mann als Lügner und eitler Selbstbediener hingestellt. „Ich spürte in mir eine innere Leere“, sagt Bettina Wulff über den letzten Vormittag im Schloss des Bundespräsidenten an jenem Februartag.

Bildergalerie: Bettina Wulff geht in die Offensive

Nun legt Frau Wulff ein Buch („Jenseits des Protokolls“) vor, in dem sie diese Zeit aus ihrer ganz persönlichen Sicht beschreibt. 223 Seiten Tagebuch der Ehefrau eines gescheiterten Bundespräsidenten, einer Frau auf dem Weg aus Schloss Bellevue zurück zu sich selbst. Ab Mittwoch soll es im Buchhandel zu kaufen sein. Doch spätestens seit dem Wochenende überschlagen sich schon wieder die Gerüchte.

War Bettina Wulff eine Prostituierte, arbeitete sie für einen Escord-Service in Hannover? Oder hat sie womöglich sogar derartigen, über sie seit langem im Internet kursierenden Gerüchten jetzt erst selbst neue Nahrung gegeben? Indem sie vor Gericht zog just zu einer Zeit, in der ihr Buch erscheinen soll. Man weiß ja, wie so etwas läuft. Und so vermutet der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, Michael Konken, am Montag auch sofort: „Der zeitgleiche Verkaufsstart ihres Buches nährt den Verdacht einer PR-Kampagne mit dem Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen.“

„Mama, habt Ihr gelogen?“ Mit dieser einfachen Frage steigt Bettina Wulff in ihr Buch ein. Es ist die Frage, die ihr achtjähriger Sohn ihr gestellt hat, als sie nach jenem 17. Februar fluchtartig Berlin verlassen und sich hinter den Gardinen ihres Hauses in Großburgwedel versteckt haben. Der kleine Leander liest die Schlagzeilen der Zeitungen, er sieht die Fotografen vor dem Haus. und er wird von Mitschülern gemobbt. Seine Mutter und ihr Mann Christian waren bis jetzt, wie wohl bei fast jedem Kind, die unerschütterlichen Festen im Leben. Die Orte, wo Wahrheit keine Frage, sondern Tatsache ist. „Habt ihr gelogen?“

Jetzt will Bettina Wulff ihre Ehre verteidigen

Bettina Wulff nutzt ihr Buch intensiv, um aufzuräumen mit Gerüchten und Halbwahrheiten, von denen sie sich verfolgt fühlt, seit sie Christian Wulff im April 2006 in einem Flugzeug nach Südafrika kennen gelernt hat. Den Mann, über dessen Langeweile sie sich offenbar noch kurz zuvor mit ihren Freundinnen ausgetauscht hatte und den sie doch kurze Zeit später geheiratet hat. „Ich war glücklich verliebt, meine Eltern jedoch regelrecht geschockt.“

Besonders ausführlich nimmt Bettina Wulff Stellung zu den Gerüchten um „eine vermeintliche Vergangenheit im Rotlichtmilieu“ und die Vorwürfe, die ihrem Mann und ihr im letzten Winter gemacht wurden. Für die Frau, sie ist heute 38 Jahre alt, allesamt Auswürfe einer nach Neuigkeiten schreienden Medienmeute, die vor nichts zurückschreckt. „Warum machen die das? Was soll das“, erinnert sie sich an den Moment, als berichtet wurde, wie sie, die First Lady, einen nagelneuen Audi Q3 gefahren haben soll – kostenlos und bevor er auf dem Markt war. Gegen die Berichterstattung über den Q3 ist sie damals übrigens zu Felde gezogen und hat vor Gericht Recht bekommen. „Fatal“ nennt sie es jedoch, dass es „schwer ist, etwas aus den Köpfen der Menschen herauszubekommen“, wenn es einmal in der Zeitung gestanden habe.

Es muss so etwas wie eine öffentliche Beichte gewesen sein, dieses Buch zu schreiben. Etwas, was die Autorin vor sich selbst reinwäscht, von Vorwürfen und Gerüchten, die sie nicht mehr aus der Welt bekommt. Bitterkeit schwingt gerade dort in jeder Zeile mit, in der sie zu den Gerüchten über ihre Vergangenheit Stellung bezieht: „Mein Pseudonym lautet also angeblich „Lady Viktoria“, beginnt dieser Teil des Buches. „Rufmord“ nennt Wulff das und fragt sich, was ihr kleiner Sohn wohl denkt, wenn er im Internet so etwas liest. Als Christian Wulff noch Staatsoberhaupt war, haben sich die beiden dagegen entschieden, die Verbreitung dieser Geschichten zu unterbinden. Sie wollten „dem Rufmord“ nicht „noch weitere Aufmerksamkeit einräumen“. Jetzt ist Bettina Wulff wieder die eigenständige Frau, die sie war, bevor sie nach Berlin kam. Und jetzt will sie ihre Ehre verteidigen. „Absoluter Quatsch“ sagt sie und hat eine eideststattliche Versicherung abgegeben. Man tut so etwas nur, wenn man sich absolut sicher ist.

Bettina Wulff muss das sein. Sie legt einen Lebensbericht vor, detailtreu, ohne voyeuristisch zu sein, Einblicke in das Leben der Staatenlenker bietend, ohne Vertraulichkeiten zu brechen. Emotional und offen schildert sie ihre Sicht. Kaum vorstellbar, dass dieses Buch die Fortsetzung einer Inszenierung sein könnte, eine Reinwaschung, wo sich Graues oder sogar Schmutziges verbirgt. Wie sollte sie das Leander auch beibringen, wenn der sie wieder einmal fragt: Mama, habt Ihr gelogen?

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