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Sigmar Gabriel

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Bewährungsprobe: Gabriel unter Beobachtung

Schwere Zeiten für den Umweltminister: Sigmar Gabriel gilt als ehrgeizig – doch nach der Pannenserie muss der Umweltminister sich bewähren.

Von Hans Monath

Berlin - Für Sigmar Gabriel hat der Arbeitstag gut angefangen. Am Morgen im Kabinett hat die Kanzlerin die Entscheidung des Umweltministers in der leidigen Biospritfrage ausdrücklich bekräftigt. Gabriels Lieblingsgegner Michael Glos hatte am Wochenende noch heftige Kritik am SPD-Kabinettskollegen geübt. Aber sogar als die Kanzlerin feststellt, dass die Quotenregelung für Biosprit in dieser Höhe nicht auf Betreiben Gabriels zustande kam, widerspricht der CSU- Wirtschaftsminister mit keinem Wort. Gabriel sieht darin einen kleinen Sieg: Nun steht das ganze Kabinett hinter seiner Entscheidung und haftet gleichsam im Kollektiv für die peinliche Biospritpanne, die ihm in der Presse den Namen „Sigi Flop“ („Bild“) eintrug.

Am Dienstagabend wollte der Niedersachse dann wieder zu einem großen Wurf ausholen. Über nichts Geringeres als über das Thema „Deutschland, die grüne Wirtschaftsmacht – die ökologische Industriepolitik hilft, unsere Zukunft zu sichern“, wollte der SPD-Minister vor den Seeheimern in der SPD sprechen, dem traditionsbewussten und regierungstreuen Flügel der Partei. Viele Beobachter wurden am Dienstagabend in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung erwartet, denn der 48-jährige Redner steht seit seiner jüngster Niederlage unter ganz besonderer Beobachtung.

Die Fallhöhe ist groß. Denn Gabriels Umtriebigkeit hat ihm den Ruf eines Politikers eingetragen, der nach zweieinhalb Jahren als Minister zwar sein Metier beherrscht und kenntnisreich über Klimaschutz und Ökobilanzen redet, in Wirklichkeit aber nach Höherem strebt. Denn Zurückhaltung war noch nie seine Stärke. Schreibt Gabriel im „Spiegel“ über die SPD („Es wird Zeit, wieder zu kämpfen“), sehen die ihm gegenüber kritisch eingestellten Parteilinken darin keinen Debattenbeitrag, sondern den Ausdruck seines Führungsanspruchs. So groß ist das Misstrauen, dass das Polittalent Gabriel 2007 bei der Wahl zum SPD-Präsidium durchfiel.

Umso genauer wurden in Union und SPD seine Rückschläge verfolgt, die mittlerweile eine Pannenserie bilden: Gabriels Ministerium schlief, als sich Zehntausende von teuren Rußpartikelfiltern als Schrott erwiesen. Nicht viel Instinkt bewies der als Instinktpolitiker gerühmte „Babyboomer“ aus der SPD-Führungsreserve, als er einen Regierungsflieger nach Mallorca bestellte, um die Beschlussfähigkeit des Kabinetts in Berlin zu garantieren. Und auch die Versuche, vergangene Woche die Schuld für das Scheitern der Biospritverordnung auf die Autoindustrie abzuwälzen, entlasteten Gabriel ungeachtet allen rhetorischen Talents nicht von der politischen Verantwortung seines Hauses für den Fall.

Auch als Umweltminister bleibt Gabriel Sozialdemokrat – und vertritt die These, wonach Umweltschutz nur funktioniert, wenn er auch die soziale und wirtschaftliche Stellung der Menschen stärkt. Doch selbst wenn er sein Ministeramt bis zum letzten Tag ausübt – der Verdacht, er wolle in Wirklichkeit Fraktionschef werden, wird Gabriel verfolgen.

Zumindest eine Entwicklung dürfte den Umweltminister zurzeit entlasten: Weit lieber als über echte oder vermeintliche Pläne Gabriels debattieren Sozialdemokraten und Öffentlichkeit gegenwärtig über die Frage, ob Außenminister Frank-Walter Steinmeier anstelle von Kurt Beck Kanzlerkandidat werden soll.

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