zum Hauptinhalt
Yanis Varoufakis, ehemaliger griechischer Finanzminister, am Dienstag in der Berlin Volksbühne.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Bewegung für Demokratie und Transparenz: Gegen die Nationalisierung der Hoffnung Europa

Der frühere griechische Finanzminister Yanis Varoufakis gründet in Berlin eine Bewegung für ein demokratischeres Europa – keine Partei, sondern ein utopisches Projekt.

Wenn der Zulauf zu seiner neuen Protestbewegung nur annähernd so groß wird wie der riesige Medienauflauf bei der Vorstellung in der Berliner „Volksbühne“, ist die Sache für Yanis Varoufakis geritzt. Klar klinge es utopisch, sagt der frühere griechische Finanzminister am Dienstag trotzig - und auch andere, schon bestehende Netzwerke kämpften um Akzeptanz und Öffentlichkeit. Aber das sei ja kein Grund, um es nicht zu versuchen und sich als breite, grenzüberschreitende Alternative aufzustellen – gerade jetzt, wo Europa der rasche Zerfall drohe.

Ausgerechnet Berlin wählt der linke Ökonom, der für ein paar Monate als „enfant terrible“ der Euro-Zone bekannt wurde, für die Werbung zu seiner Demokratiebewegung „Democracy in Europe Movement 2025“ (DiEM25). Seine Alternative zum „Re-Nationalisierungs-Irrweg“ und einer „Nationalisierung der Hoffnung“ erläutert der 54-Jährige Im „Roten Salon“ der „Volksbühne“ am Rosa-Luxemburg-Platz – dem Theater, das einst mit Spenden und einem „Arbeitergroschen“ finanziert wurde und in den 1920er Jahren auch politische Revuen im Auftrag der Kommunisten spielte. Ziel vieler Regierungen sei es heute, Probleme „nicht vor der eigenen Haustür“ zu haben. Die Lösung könne aber nicht sein, nationalstaatliche „Mauern zu bauen und den Kopf in den Sand zu stecken“.

Ohne Deutschland gibt es keine Veränderung in Europa

Berlin habe er bewusst gewählt, sagt Varoufakis. Ohne Deutschland könnten in Europa keine Veränderungen erreicht werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwähnt er aber nur ganz kurz am Rande, zur Flüchtlingskrise. Kein Wort verliert er über seinen Dauergegner bei der Griechenland- Rettung, Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU); keine neue Abrechnung also des „Weltökonomen“ (Schäuble über Varoufakis) mit den deutschen Sparkommissaren. Es geht ihm ja um mehr: Die paneuropäische Bewegung wolle die EU demokratisieren und die Kraft der Kritiker der europäischen Institutionen bündeln, gegen einen Zerfall der Europäischen Union und für mehr Transparenz. Dafür sollten Europäer auch auf die Straße gehen.

Die EU wurde jahrzehntelang entpolitisiert

Um Parteipolitik und eine neue Partei gehe es ihm jedenfalls nicht. Auch einer neuen linken Partei von abtrünnigen Syriza-Abgeordneten in Griechenland hatte er kürzlich eine Absage erteilt, die ihn als Zugpferd wollten. Er suche vielmehr eine Antwort darauf, dass Politiker nicht wirklich mehr an der Macht seien. Sie würden vielmehr von einer „Schattenwelt aus Bürokraten, Bankiers und nicht gewählten Beamten“ gelenkt. Er habe er seine EU-Kollegen mitunter „in einem Zustand der Hilfslosigkeit“ erlebt. Die EU habe einen „jahrzehntelangen Prozess der Entpolitisierung von Entscheidungsfindung“ durchlebt, die Parteiensysteme und der parlamentarische Rahmen hätten für Veränderungen nicht mehr die Kraft. Warnend verweist Varoufakis auf Parallelen zur Zeit um 1930.

Für Sven Giegold von den Europa-Grünen ist Varoufakis’ Vorstoß „gut gedacht, aber populistisch gemacht“: Eine zivilgesellschaftliche Bewegung für ein demokratischeres Europa sei begrüßenswert. „Aber: Varoufakis betreibt populistisches Brüssel-Bashing.“

(dpa/AFP)

Zur Startseite