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ARCHIV - 09.11.2022, Bayern, Kaufbeuren: ILLUSTRATION - «Bürgergeld» ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch eine Brille zu lesen. Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat soll am kommenden Mittwoch einen Kompromiss im Streit um das geplante Bürgergeld finden. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Update

Nach Streit über Sanktionen: Ampel und Union einigen sich beim Bürgergeld

Nach einem Signal der FDP bewegten sich nun auch SPD und Grüne auf die Union zu. Damit scheint der Weg zur Sozialreform der Ampel frei.

| Update:

Nach tagelangem Ringen haben die Ampel und die Union den Weg für das geplante Bürgergeld freigemacht. Beide Seiten erzielten in den Streitfragen zu der geplanten Sozialreform Kompromisse, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag aus Koalitionskreisen in Berlin.

Das Bürgergeld soll zum 1. Januar 2023 die heutigen Hartz-IV-Leistungen ablösen. Die Union hatte darauf gepocht, dass es mehr Sanktionen für Empfängerinnen und Empfänger gibt als ursprünglich geplant. Solche Leistungsminderungen sollen greifen, wenn Arbeitslose sich zum Beispiel nicht für einen Job bewerben, obwohl dies mit dem Jobcenter vereinbart war.

Die Sozialreform soll nach dem Willen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lange Bestand haben. „Wir wollen ja jetzt eine ganz große Sozialreform beschließen, die dann jahrzehntelang in Deutschland die Art und Weise der Förderung von Arbeitssuchenden beschreibt“, sagte Scholz am Dienstag bei einem „Wirtschaftsgipfel“ der „Süddeutschen Zeitung“ in Berlin. Das werde auch gelingen. 

Unionsfraktionschef Friedrich Merz rechnet nach dem Kompromiss mit einer Zustimmung der unionsregierten Länder im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. „Ich habe daran keine Zweifel“, sagte der CDU-Vorsitzende auf eine entsprechende Frage. Es habe in den Verhandlungen über den Kompromiss rund um die Uhr eine gute Abstimmung mit den Unionsländern gegeben.

Olaf Scholz zufolge soll die Sozialreform lange Bestand haben.
Olaf Scholz zufolge soll die Sozialreform lange Bestand haben.

© Frederic Kern/Geisler-Fotopress

An diesem Mittwoch soll der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat über die strittigen Punkte beraten und über den erzielten Kompromiss entscheiden. Dieser sieht nach übereinstimmenden Angaben aus Union und Regierungsfraktionen entscheidende weitere Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf vor. So soll es unter anderem künftig ab dem ersten Tag Sanktionen in Form von Leistungsentzug geben können - ohne Ausnahmen.

Die von der Ampel vorgesehene Vertrauenszeit von sechs Monaten, in der es etwa bei Pflichtverletzungen keine Leistungsminderungen geben sollte, soll gänzlich entfallen. Die Karenzzeit mit milderen Regelungen, ursprünglich für 24 Monate angesetzt, soll nur noch 12 Monate betragen.

Ampel-Vertreter loben „gute Grundlage“

Beim damit zusammenhängenden Schonvermögen setzte die Unionsseite den Angaben zufolge eine Kürzung von 60.000 Euro auf 40.000 Euro durch. Die großzügigeren Zuverdienstgrenzen während des Bürgergeldbezugs - etwa für betroffene Jugendliche, die nebenbei jobben - sollen bestehen bleiben. Darauf hatte vor allem die FDP gepocht.

FDP-Vizechef Johannes Vogel begrüßte diesen Teil der Einigung. Weitere Vertreter der Ampel-Fraktionen bezeichneten den gefundenen Kompromiss zum Bürgergeld als „gute Grundlage“. „Es ist ein tragfähiger Kompromiss“, erklärte die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, bei einer spontan einberufenen Pressekonferenz im Bundestag.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann betonte wiederum, dass die Regelsatzerhöhung für Leistungsempfänger zum 1. Januar 2023 kommen werde. Auch sei es weiterhin Kern der Reform, Menschen künftig nicht in „irgendeine Tätigkeit“ zu vermitteln, sondern sie zu qualifizieren und dauerhaft in Arbeit zu bringen. Die Grünen-Fraktionschefin bedauerte allerdings ausdrücklich, dass die ursprünglich geplante Vertrauenszeit in den Vorverhandlungen weggefallen sei.

Die Linke kritisierte den Kompromiss zum Bürgergeld. Außer einer Erhöhung des Regelsatzes um 53 Euro sei fast nichts von der Reform übrig, erklärte Parteichefin Janine Wissler in Berlin. Sie machte dafür die Union und die FDP verantwortlich. Wissler sagte, es handele sich um einen „Wettbewerb der Schäbigkeit auf Kosten der Betroffenen und ein unwürdiges Schmierentheater, bei dem die Union versuchte, Niedriglöhner gegen Sozialleistungsbezieher auszuspielen“. (dpa, AFP)

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