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BGH-Urteil: Heimliche Computer-Durchsuchung unzulässig

Die Polizei darf nach derzeitiger Rechtslage keinen Computer heimlich durchsuchen. Laut Bundesgerichtshof fehlt für Hacker-Angriffe durch die Strafverfolgungsbehörden eine eindeutige Ermächtigungsgrundlage.

Karlsruhe - Damit wurde der Antrag von Generalbundesanwältin Monika Harms abgelehnt, die den Computer eines mutmaßlichen Islamisten heimlich auf Beweise durchsuchen lassen wollte. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte, dass rasch eine Rechtsgrundlage für verdeckte Online-Ermittlungen geschaffen wird.

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe durchkreuzte mit seiner Entscheidung den Plan der Behörden, wie bei einem Hacker-Angriff ein Programm zu installieren, um den Inhalt der Festplatte des mutmaßlichen Islamisten komplett und online auf einen Computer der Fahnder zu kopieren. Danach sollte sich die Spionagesoftware de-installieren. Harms hatte dazu einen herkömmlichen Durchsuchungsbefehl beantragt.

Online-Durchsuchung kein Teil einer Hausdurchsuchung

Laut BGH ist die verdeckte Online-Durchsuchung jedoch nicht durch die Vorschrift zu Hausdurchsuchungen gedeckt, weil diese laut Strafprozessordnung "offen" vorgenommen werden müssen. Der Beschuldigte hat dabei etwa das Recht, bei der Durchsuchung selbst anwesend zu sein und Zeugen daran zu beteiligen. Zwar könnten andere Ermittlungsmaßnahmen wie etwa das Abhören von Telefonaten oder ein Lauschangriff ohne Wissen des Beteiligten vorgenommen werden. Die formalen Anforderungen dafür seien aber sehr viel höher als bei einer Hausdurchsuchung. Auch andere Regeln der Strafprozessordnung gestatteten die verdeckte Online-Durchsuchung nicht, heißt es in dem Beschluss.

Möglich ist ein heimliches Ausspähen von Computern allenfalls zur "allgemeinen Gefahrenabwehr", und dies auch nur in Nordrhein-Westfalen. Denn dort beschloss die schwarz-gelbe Koalition Ende vergangenen Jahres entsprechende Befugnisse für den Verfassungsschutz. Ziel sei es, die Beamten auf "technische Augenhöhe mit den Verfassungsfeinden" zu bringen, hatte NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) damals die Kompetenzausweitung begründet.

Bundesanwaltschaft muss "Schritt halten"

Nach den Worten von Harms-Sprecher Peter Wallenta wurde mit dem BGH-Beschluss Rechtsklarheit für die Beweisermittlung im Online-Bereich geschaffen. Zugleich wies er darauf hin, dass Islamisten zunehmend moderne Kommunikationstechniken wie das Internet einsetzten, um ihre Straftaten zu begehen. Die Bundesanwaltschaft müsse damit "Schritt halten" können, um ihren Auftrag, die Bekämpfung und Aufklärung schwerster Straftaten, zu erfüllen.

Auch Schäuble nannte es unerlässlich, dass die Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit erhalten, eine Online-Durchsuchung nach entsprechender richterlicher Anordnung verdeckt vorzunehmen. "Durch eine zeitnahe Anpassung der Strafprozessordnung muss eine Rechtsgrundlage für solche Ermittlungsmöglichkeiten geschaffen werden", forderte er in Berlin.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jörg van Essen, verlangte von der Bundesregierung eine schlüssige Begründung der Notwendigkeit solcher Ermittlungsmethoden. "Auf keinen Fall darf eine Online-Überwachung zu einer polizeilichen Standardmaßnahme werden", erklärte er. (tso/AFP)

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