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BGH-Urteil: Kirch erringt Teilerfolg gegen Deutsche Bank

Die Deutsche Bank und ihr früherer Vorstandssprecher Rolf Breuer (Foto) sind dem Ex-Medienunternehmer Leo Kirch grundsätzlich zur Zahlung von Schadenersatz verpflichtet.

Karlsruhe - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag entschieden, dass Breuer durch seine öffentlich geäußerten Zweifel an Kirchs Kreditwürdigkeit vertragliche Pflichten gegenüber der Kirch-Gesellschaft Printbeteiligungs GmbH verletzt hat. Eine Haftung des größten deutschen Bankhauses für den Zusammenbruch des gesamten Medienimperiums lehnte das Karlsruher Gericht jedoch ab.

Nach dem Urteil steht lediglich fest, dass sowohl die Bank als auch Breuer persönlich für alle Schäden haften, die dieser Gesellschaft durch das umstrittene Interview im Februar 2002 entstanden sind. Damit muss in einem neuen Prozess geklärt werden, wie hoch der Schaden ist und ob er nicht schon durch die damalige Situation des bereits angeschlagenen Kirch-Konzerns verursacht wurde. (Az: XI ZR 384/03 vom 24. Januar 2006)

Gerd Nobbe, Vorsitzender des BGH-Bankensenats, riet den Anwälten dringend, sich außergerichtlich zu einigen. "Dr. Kirch muss sich allerdings von der Vorstellung verabschieden, mit Hilfe einer Klage den Zusammenbruch seines Konzerns rückgängig zu machen." Auch der Deutschen Bank legte er nahe, im Hinblick auf ihr Image Entgegenkommen zu zeigen.

Die Erfolgsaussichten eines neuen Prozess sind unter den Beteiligten umstritten. Nach den Worten seines Anwalt Wolf-Rüdiger Bub erwägt Kirch eine Schadensersatzklage in dreistelliger Millionenhöhe. Die Chancen einer Einigung hingen vom Verhalten der Bank ab, sagte er in Karlsruhe. Auch der frühere Kirch-Vize Dieter Hahn bezeichnete den Schaden als erheblich: "Er dürfte selbst für die Deutsche Bank bilanziell relevant sein."

Peter Heckel, Anwalt der Deutschen Bank, sieht nach dem Urteil dagegen denkbare Ansprüche Kirchs drastisch reduziert. "Nun steht fest, dass der Zusammenbruch des Kirchkonzerns weder der Deutschen Bank noch Herrn Breuer angelastet werden kann." Für einen weiteren Prozess gab er sich optimistisch: "Ich rechne nicht damit, dass jemals Schadenersatzleistungen auf uns zu kommen." Nach Auskunft der Deutschen Bank werden vorerst keine Rückstellungen für etwaige Ansprüche gebildet; das sei erst ein Thema, wenn es eine konkrete Klageforderung gebe.

Auslöser des jahrelangen Rechtsstreits ist ein am 4. Februar 2002 ausgestrahltes Interview des Fernsehsenders Bloomberg TV. Darin hatte der damalige Deutsche-Bank-Chef über Kirchs Kreditwürdigkeit gesagt: "Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen." Zwei Monate später meldete die erste Kirch-Gesellschaft Insolvenz an.

Nach den Worten des BGH hat die Deutsche Bank damit ihre vertraglichen Pflichten gegenüber der Printbeteiligungs GmbH verletzt, die mit einem Darlehen von 1,4 Milliarden DM (heute knapp 720 Mio. Euro) Kunde der Bank war. Die Interviewäußerungen seien unter Berücksichtigung des Ansehens der Deutschen Bank und Breuers in der Kreditwirtschaft geeignet gewesen, "die Aufnahme dringend benötigter neuer Kredite durch Dr. Kirch und die Gesellschaften seines Konzerns erheblich zu erschweren", argumentierten die Richter. Die Frage, ob Breuer das Bankgeheimnis verletzt habe, ließ das Gericht aber ausdrücklich offen.

Breuer selbst ist laut BGH zwar nicht vertraglich, wohl aber wegen eines "Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb" haftbar. Nach Einschätzung von Kirchs Anwalt Bub wäre die Bank deshalb im Falle einer Verurteilung zu Schadensersatz gezwungen, bei Breuer Regress zu nehmen. Allerdings sind Topmanager gegen solche Ansprüche üblicherweise durch spezielle Versicherungen abgesichert. Persönliche Ansprüche Kirchs sowie seiner Konzernholding lehnte der BGH ab. (tso/dpa)

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