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BGH-Urteil: Staat haftet bei personell unterbesetzter Behörde

Der Staat kann für die verschleppte Bearbeitung von Anträgen seiner Bürger durch unzureichend ausgestattete Behörden grundsätzlich haftbar gemacht werden. Das entschied der Bundesgerichtshof.

Karlsruhe - In dem Fall ging es um eine 450.000-Euro-Klage gegen das Land Schleswig-Holstein wegen verzögerter Grundbucheintragungen für ein Wohnungsprojekt - der Rechtspfleger war hoffnungslos überlastet. Nach den Worten des Karlsruher Bundesgerichtshofes (BGH) müssen die Behörden mit der gebotenen Beschleunigung arbeiten. Die Verwaltung muss die personellen Voraussetzungen dafür schaffen, andernfalls können geschädigte Bürger Ansprüche gegen den Staat geltend machen. Weil aber noch nicht alle Einzelheiten geklärt sind, muss das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig erneut über die Klage verhandeln.

Ein Bauträger hatte Mitte der 90er Jahre für 16 Millionen Euro auf der Ostsee-Insel Fehmarn 45 Ferienwohnungen gebaut und eigentlich auch schon verkauft. Allerdings zog sich die Eintragung einer Auflassungsvormerkung ins Grundbuch ein Jahr und acht Monate hin, womit sich auch die Bezahlung der Immobilien verzögerte - die Firma ist inzwischen pleite. In ihrem Namen klagt nun eine Sparkasse.

Nachweis-Erleichterung für Bürger

Da der überlastete Rechtspfleger nichts für die Verzögerung kann, muss das OLG nun aufklären, ob die Justizbehörden ein organisatorisches Verschulden trifft. Nach den Worten des Senatsvorsitzenden Wolfgang Schlick geht es dabei nicht allein um das zuständige Amtsgericht: "Wenn eine solche Notlage besteht, ist nicht nur die Behörde selbst, sondern auch die übergeordnete Stelle berufen, Abhilfe zu schaffen." Zugleich erleichterte der BGH den klagenden Bürgern den Nachweis eines Behördenfehlers: Weil die personelle Ausstattung ein behördeninterner Vorgang sei, müsse das Land vor Gericht darlegen, welche Schritte es zur Entspannung der Situation unternommen habe.

Der III. Zivilsenat berief sich auch auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das Ende 2005 eine zügige Behandlung von Strafverfahren und eine entsprechende Ausstattung der Justiz angemahnt hatte, wenn der Betroffene in Untersuchungshaft sitzt. Dem BGH-Urteil zufolge kann sich ein Kläger allerdings nur auf Personalengpässe berufen, die von den Behörden zu verantworten sind. Das Argument, der Haushaltsgesetzgeber habe zu wenig Geld für Personal bereitgestellt, berechtige dagegen nicht zu Ansprüchen auf Schadensersatz. (tso/dpa)

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