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Politik: Biblis-Leitung verschweigt Verstrahlung

Atomaufsicht erfährt aus der Presse von kontaminiertem Mitarbeiter

Wiesbaden. Erst aus den Medien hat die hessische Atomaufsicht erfahren, dass am vergangenen Mittwoch bei einem Unfall im Atomkraftwerk Biblis ein Mitarbeiter radioaktiv verstrahlt wurde. Der Biblis-Betreiber RWE hatte den Unfall zwar gemeldet, nicht aber die Kontaminierung.

Auf Anfrage teilte RWE am vergangenen Donnerstag mit, bei Prüfarbeiten im Kontrollbereich des AKW-Blocks B sei ein Mitarbeiter eine Treppe herabgestürzt. Der Verletzte sei im Krankenhaus behandelt worden. Was die kurze Meldung Öffentlichkeit und Behörden vorenthielt: Der Mann hatte in einem radioaktiv belasteten Bereich gearbeitet und Schutzkleidung getragen. Beim Sturz waren schwach radioaktiv verseuchte Partikel auf seine Haut gelangt, die erst im Krankenhaus beseitigt werden konnten; die Strahlung sei derart gering gewesen, dass sie einer Mitteilung nicht bedurft hätte, sagte jetzt RWE.

Das sah die Klinik, in der der Mann versorgt wurde, offenbar anders. Denn für die Unfallklinik in Ludwigshafen war der Vorfall eine Premiere. Seit 1991 gibt es eine Spezialabteilung für Strahlenverletzte, die jetzt erstmals in Anspruch genommen wurde. Weil die Klinik diesen „Erfolg“ der Lokalpresse meldete, wurde der Strahlenunfall verspätet den Behörden bekannt. Am Montagnachmittag erklärte die hessische Atomaufsicht, die Kontamination habe weniger als ein Prozent des zulässigen Jahresgrenzwerts betragen; der vorliegende Arbeitsunfall sei nicht meldepflichtig gewesen. Der SPD-Abgeordnete Norbert Schmitt sprach dagegen von gezielter Desinformationspolitik. Die Grünen im Landtag beantragten eine Sondersitzung des Umweltausschusses.

Umweltminister Wilhelm Dietzel (CDU) hatte erst am vergangenen Mittwoch die RWE-Verantwortlichen einbestellt, weil er in Biblis einen „Optimierungsbedarf im Sicherheitsmanagement“ des Kernkraftwerks gesehen hatte. Wegen Nichteinhaltung von Auflagen werde er außerdem prüfen, ob ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden müsse, hatte er wenige Stunden vor dem Unfall gesagt – dessen Details er aus der Zeitung erfuhr. Christoph Schmidt Lunau

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