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Die Bilanz von Lompschers Bericht „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ ist ernüchternd.

© Kitty Kleist-Heinrich

Exklusiv

Bilanz der Wohnungsbaugesellschaften: Wie sich Berlin als Vermieter schlägt

In Berlin gehören Landesunternehmen insgesamt 306.000 Wohnungen. Auch dort wird das Dilemma der Immobilienbesitzer deutlich.

Was leisten die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin für den Bestand und Ausbau von Mietwohnungen für Haushalte mit niedrigen Einkommen? Am heutigen Montag stellt Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) ihren Bericht „Leistbare Mieten, Wohnungsneubau und soziale Wohnraumversorgung“ vor.

Die Bilanz ist ernüchternd: Angesichts der politischen Vorgaben für dauerhaft niedrige Mieten sind die ehrgeizigen Ziele des Senats für den Wohnungsneubau kaum zu schaffen und bergen hohe wirtschaftliche Risiken für die städtischen Unternehmen.

Falls der Senat die sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen nicht mit Bauland versorgt, sind die politischen Ziele zur massiven Vergrößerung des Bestandes kommunaler Wohnungen unerreichbar.

Dessen Wachstum verläuft ohnehin schon viel langsamer als im Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün erhofft: Ende vergangenen Jahres hatten die sechs Firmen zusammen gut 306.000 Wohnungen – in zwei Jahren sollen es 360.000 werden, was als unerreichbar gilt.

Klar auf Kurs ist der Senat dagegen bei der Neuausrichtung der Unternehmen auf soziale Ziele. Die Senatorin selbst zieht „eine positive Bilanz“ in dem Bericht: Mehr als 60 Prozent der landeseigenen Wohnungen seien an Haushalte mit geringen Einkünften wiedervermietet worden. Es seien doppelt so viele Wohnungen wie im Vorjahr angekauft worden (3419) und 3279 neu gebaut worden.

Gestartet sei der Bau von 5727 Wohnungen, 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Insgesamt planen die sechs Firmen die Errichtung von 49.000 Wohnungen verteilt auf 390 Projekte.

Wirkung zeigt die politische Steuerung der sechs Firmen auf Sozialkurs: Die Mieten der 306.000 Wohnungen stiegen im Durchschnitt um nur 1,3 Prozent, das ist sogar weniger als in der „Kooperationsvereinbarung“ mit dem Senat als Obergrenze vereinbart (zwei Prozent).

Und die Durchschnittsmiete in den Landesfirmen liegt mit 6,09 Euro je Quadratmeter unter dem Berliner Mietspiegel (6,49 Euro). Kräftiger langen die Firmen zu, wenn eine Wohnung frei und neu vermietet wird: 4,8 Prozent schlagen sie dann im Durchschnitt auf – und trotzdem bieten die Firmen auch diese Wohnungen deutlich (minus 30 Prozent) unterhalb der Marktmiete an: für 7,43 Euro je Quadratmeter.

Die Reserve von unterbelegten Wohnungen bleibt

Allerdings wird auch das wirtschaftliche Dilemma der sechs Firmen in dem Bericht deutlich: Die politischen Vorgaben sind beim Neubau nicht oder nur unter Schmerzen zu erreichen und werden vermutlich deshalb verfehlt: Die von Lompscher festgelegte „Obergrenze“ von 10 Euro je Quadratmeter Miete für Neubauten ohne Sozialbindung werden „leicht oder deutlich überschritten (um bis zu knapp 1,90 Euro je Quadratmeter)“.

Hintergrund zum Berliner Mietendeckel – alles, was Sie wissen müssen:

Dazu passt, dass Neubauten nicht zu Kosten von weniger als 12 Euro je Quadratmeter gebaut werden können, wie es in der Branche heißt. Deshalb ist unklar, wie die Firmen die politischen Vorgaben erfüllen sollen, ohne systematisch unwirtschaftliche Bauvorhaben anzuhäufen.

Vergeblich war das Bestreben, die gewaltige Reserve von unterbelegten Wohnungen zu heben: Rein rechnerisch könnte auf den Bau zehntausender Wohnungen verzichtet werden, wenn beispielsweise alleinstehende Senioren ihre großen „Familienwohnungen“ mit jungen Familien tauschen würden, die ein Kind erwarten und sich vergrößern müssen. Nur 146 Umzüge fanden statt, obwohl der Senat eine Online-Börse eigens dafür eingerichtet hatte.

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Verfehlt haben die Firmen die Ziele im Neubau: Jede zweite neu errichtete Wohnung sollte sozial gebunden sein, was bei den im Jahr 2018 gestarteten Bauvorhaben nicht gelang. Von den insgesamt 3279 fertig gestellten Wohnungen waren nur gut ein Fünftel (26,9 Prozent) Sozialwohnungen, weniger noch als im Vorjahr (2017: 28,2 Prozent).

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Voran ging es beim Ankauf von Miethäusern: 3419 Wohnungen erwarben die sechs Firmen, doppelt so viel wie im Vorjahr, wobei das bezirkliche Vorkaufsrecht gemessen an der Kontroverse über das Thema dazu minimal beitrug (168 Wohnungen).

Härtefallregelung, falls die Miete 30 Prozent des Einkommens überschreitet

Gut 306.000 Wohnungen besaßen die Landesfirmen Ende des Jahres. Nach der vereinbarten „Roadmap“ vom Mai 2016 sollte dieser Bestand bis zum Jahr 2021 auf 360.000 Wohnungen steigen. Dieses Ziel wird aller Voraussicht nach verfehlt, da dazu nicht mal sämtliche zurzeit erst „in Planung“ befindlichen Bauvorhaben ausreichen und allein die Bauzeit von Wohnhäusern knapp zwei Jahre dauert.

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Hinzu kommt, dass es den Firmen an Grundstücken fehlt. Im Anhang zur „Kooperationsvereinbarung“ heißt es: „Um das Wachstumsziel 2021 erreichen zu können, ist es notwendig, dass Baugrundstücke in ausreichender Zahl zur Verfügungen stehen.“ Zwar übertrug das Land den Firmen unterdessen Bauflächen, ob diese aber reichen, ist sehr ungewiss.

Knapp 4000 Mieterhöhungen wegen der Modernisierungen verschickten die sechs Unternehmen im vergangenen Jahr, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Bei jedem sechsten Haushalt schlossen die Firmen „individuelle Modernisierungsvereinbarungen“, um deren finanzielle Belastung zu begrenzen. Ohnehin gilt für Mieter landeseigener Firmen eine Härtefallregelung, falls die Miete 30 Prozent des verfügbaren Einkommens überschreitet, diese kam 292 mal zur Anwendung und führte zu Mietreduzierungen.

Wirkungslos blieben alle Angebote in 3347 Fällen, wo sich die Mietschulden so anhäuften, dass die Firmen fristlose Kündigungen aussprechen mussten. In vier von fünf Fällen boten die Unternehmen auch danach noch den säumigen Mietern noch Beratungen an, was zur Rücknahme der Kündigungen in der Hälfte aller Fälle führte. Nur bei jedem zehnten Fall war jede Hilfe vergeblich und führte zu 311 Zwangsräumungen.

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