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Bildung: Darf der Bund bald Universitäten und Schulen finanzieren?

Der Bund darf klammen Ländern kein Geld für die Bildung geben. Das regelt das Kooperationsverbot. Doch dieses könnte kippen.

Sie ist erst gut fünf Jahre alt, die Verfassungsreform von 2006. Weshalb man noch gar nicht weiß, wohin sie sich entwickeln würde. Aber möglicherweise kommt sie über das Vorschulalter gar nicht erst hinaus. Nach der Reform wird Bildungspolitik von den Ländern gemacht und der Bund soll sich – in der Schulpolitik praktisch ganz, in der Wissenschaftspolitik weitgehend – heraushalten. Man spricht auch vom „Kooperationsverbot“. Das Verbot war der Erkenntnis geschuldet, dass die Bund-Länder-Kooperation in den 40 Jahren davor nicht gut funktioniert hat – umständlich, teuer, ineffizient.

Doch regt sich in allen Parteien mehr oder weniger starker Unmut darüber. Es soll wieder mehr Kooperation geben. Letztlich geht es ums Geld: Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat einen prallen Etat, aber der Abfluss der Mittel ist nicht einfach, weil die Verfassung eben keine breite Bundesförderung erlaubt. Und der Bund ist nicht bereit zur einfachen Lösung – den Ländern einen größeren Anteil an der Umsatzsteuer zu überlassen, damit diese das Geld in Schulen und Hochschulen stecken. Das war zwar zwischen Kanzlerin und Ministerpräsidenten schon mal so besprochen, aber das blieb folgenlos. Stattdessen streitet man um Zuständigkeiten. Es geht um die Grundgesetzartikel 91b und 104b. Zur Änderung sind Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat nötig.

Die einstige Länderphalanx wird derweil brüchig. Die schwarz-gelbe Regierung in Schleswig-Holstein hat im Bundesrat einen Antrag eingebracht, wonach Kooperation (sprich: Geldfluss) auf breitester Front möglich sein soll. Hintergrund ist die desolate Finanzsituation des Landes – und die Erkenntnis, dass man diese, seit es den Zwang zur Schuldenbegrenzung gibt, gewinnbringend einsetzen kann. Schon länger fällt die Kieler Regierung damit auf, bitter über ihre Not zu klagen und die Hände aufzuhalten. So wurde schon, verfassungsrechtlich nicht koscher, Geld zur Stützung des norddeutschen Hochschulwesens bei Schavan locker gemacht. Nach dem Bundesratsantrag aus Kiel soll das ausgebaut werden. Bundesförderung für Hochschulen soll nicht mehr nur zeitlich begrenzt für Projekte, sondern als Dauerförderung für ganze Einrichtungen möglich sein. Das würde auch Pläne wie den Zusammenschluss der Charité (Land) mit dem Max-Delbrück-Centrum (Bund) in Berlin möglich machen. Zudem will Schleswig- Holstein Bundeshilfen für schwächere Länder „zum Ausgleich unterschiedlicher Leistungsfähigkeit in Bildung und Wissenschaft einschließlich Infrastruktur“ haben. Der Bund soll regional differenzieren dürfen. Damit würde eine weitere Variante im Finanzausgleich geschaffen – und eine eher willkürliche noch dazu.

Der Streit um Bildungsfinanzierung wird sich hinziehen

Schavan unterstützt den Teil der Kieler Pläne, der ihrem Ministerium mehr Engagement bei der Dauerförderung erlaubt – und damit auch eine stärkere zentrale Lenkung der Hochschulpolitik insgesamt. Wie weit die Länder mittun, ist unklar. Sicher ist, dass zumindest die anderen schwarz-gelben Regierungen in Bayern, Niedersachsen, Hessen und Sachsen nicht so weit gehen wollen wie die Kollegen in Kiel. Aber eine stärkere Kooperation in der Hochschulförderung könnte wohl auf eine Zweidrittelmehrheit im Bundesrat kommen.

Schavan schließt derzeit noch aus, dass der Bund auch in die Schulpolitik eingreift. Das hingegen wollen Sozialdemokraten, Grüne und Linke – eine breitere und dauerhafte Bundesförderung im gesamten Bildungsbereich ohne sachliche Begrenzung. Nach dem Plan der SPD allerdings nur, wenn alle Länder zustimmen – was am Ende ein teures Vergnügen für den Bund werden dürfte, weil dann die Länder umfangreiche Wunschkataloge präsentieren, ohne deren Erfüllung die Einstimmigkeit schwer zu erreichen ist. Die Grünen sehen eine Dreiviertelmehrheit vor. Die aber hätte im Bundesrat keine Chance.

Was am Ende passiert, hängt derzeit vor allem an den Fraktionen von CDU/CSU und FDP im Bundestag. Die CSU-Landesgruppe aber dürfte sich sperren, so weit es geht – in München will man bildungspolitisch lieber selbst entscheiden. Die FDP ist gespalten, die Fraktion will möglichst viel Kooperation, der Parteitag hat das im Herbst mit knapper Mehrheit abgelehnt. Eine Gruppe um den Bildungspolitiker Patrick Meinhardt fordert nun, auf einem Bildungskonvent von Bund, Ländern und Kommunen eine Lösung im Geldverteilungsstreit zu suchen und einen „Finanzierungsfrieden“ für die nächsten zehn Jahre auszuhandeln. Schavan ist dafür offen, will einen solchen Gesprächsprozess aber selbst moderieren oder an ein Expertengremium delegieren.

In dem wäre die Bildungslobby dann unter sich. FDP-Mann Meinhardt fordert, dass Länder und Kommunen bessergestellt werden über die komplette Übernahme der Bafög-Kosten durch den Bund und durch einen höheren Mehrwertsteueranteil. Das aber dürfte, wie bisher, an den Haushältern im Bundestag scheitern. Der komplexe Streit um die Bildungsfinanzierung – er wird sich hinziehen.

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