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Bildungspaket: Wie sich Fördern rechnet

Die Koalitionsspitzen haben sich auch auf ein "Bildungspaket" in Höhe von 620 Millionen Euro geeinigt, mit dem Kinder von Hartz-IV-Empfängern unterstützt werden sollen. Wie setzt sich das zusammen?

Für Bildung und Freizeit sollen die rund 1,7 Millionen Kinder aus Hartz-IV-Familien künftig Sachleistungen erhalten und nicht mehr Geld. Kinder könnten so gezielt unterstützt werden, argumentiert Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. „Mehr Geld löst die Probleme der Kinder nicht“, sagt die CDU-Politikerin. Für das „Bildungspaket“ will der Bund zusätzlich knapp 500 Millionen Euro ausgeben. Konkret hat jedes bedürftige Schulkind Anspruch auf ein Plus von mindestens 150 Euro jährlich im Vergleich zu heute.

Die Karlsruher Verfassungsrichter hatten die bisherige Praxis der Berechnung der Kinder-Regelsätze, die prozentual von denen der Erwachsenen abgeleitet werden, deutlich gerügt: „Kinder sind keine kleine Erwachsenen“, heißt es in dem Urteil. Mit Unverständnis verwiesen die Richter darauf, dass bisher weder Ausgaben für Bildung noch für „außerschulischen Unterricht in Sport und musischen Fächern“ berücksichtigt wurden.

Für Bildung und Teilhabe will der Bund nun Zuschüsse zahlen. So soll ab dem 1. Januar 2011 für jedes Kind künftig ein Budget von zehn Euro im Monat oder 120 Euro im Jahr zur Verfügung stehen, mit dem der Beitrag für den Sportverein, der Musikunterricht oder andere Hobbys bezahlt werden können. Das Jobcenter stellt dafür Gutscheine aus, die dann beim Verein oder in der Musikschule eingelöst werden können. Bei „objektiven Schulproblemen“ soll den Kindern außerdem Nachhilfeunterricht bezahlt werden – in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen, ist allerdings noch unklar.

Arbeitsministerin Leyen schwebt vor, dass es künftig für die Abrechnung der Bildungsleistungen eine elektronische Chipkarte geben soll. Doch nicht nur die CSU bezweifelt, dass die Chipkarte jemals flächendeckend kommt. In Großstädten sei es vielleicht sinnvoll, die dafür erforderliche technische Infrastruktur aufzubauen, in ländlichen Regionen werde das aber nicht funktionieren, sagen die Kritiker. Zum Jahresbeginn 2011 werden die Jobcenter wohl erst einmal improvisieren müssen. Denn solange die Rechtsgrundlage für die neuen Sachleistungen nicht geschaffen ist, können sie auch noch keinen Vertrag mit dem örtlichen Sportverein abschließen.

Erstmals will der Bund in die Finanzierung des Mittagessens an Ganztagsschulen und -kitas einsteigen. Bedürftige Kinder sollen dieses künftig vom Jobcenter bezahlt bekommen – bis auf einen Eigenanteil von einem Euro pro Mahlzeit, den die Eltern aus ihren Hartz-IV-Bezügen aufbringen müssen. In der Regel kostet ein warmes Mittagessen in der Schulkantine um die drei Euro. Außerdem will der Bund die Kosten für eintägige Ausflüge mit der Schulklasse oder der Kindergartengruppe erstatten. Bisher konnten Eltern nur dann Unterstützung vom Amt verlangen, wenn es um eine mehrtägige Klassenfahrt ging. Künftig soll es einen Gutschein im Umfang von 30 Euro pro Kind im Jahr geben.

Nicht neu ist der letzte Bestandteil des Bildungspakets. Für jedes Schuljahr wird den Eltern 100 Euro überwiesen. Mit denen sollen sie alle notwendigen Schulmaterialen für ihre Kinder kaufen, vom Füller über den Ranzen bis zum Taschenrechner. Dieses Schulpaket hatte bereits die große Koalition eingeführt – im Vorgriff auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Neu ist allerdings, dass es die 100 Euro nicht auf einmal zu Beginn des Schuljahres gibt, sondern aufgeteilt in zwei Tranchen: 70 Euro werden künftig im ersten Halbjahr überwiesen (August), die restlichen 30 Euro im zweiten Halbjahr (Februar). Da Hartz-IV-Familien in diesem Jahr bereits 100 Euro erhalten haben, können sie sich also auch erst wieder im August 2012 auf die nächste Überweisung einstellen.

Ob mit dem Bildungspaket die Ansprüche des Bundesverfassungsgerichts erfüllt werden, ist schwer abzuschätzen. Die Höhe der Unterstützung für Familien fußt schließlich nicht auf konkreten Erhebungen, sondern ist politisch festgelegt worden. Zumindest kann die Bundesregierung darauf verweisen, dass die Richter keine Vorgaben gemacht haben, ob die Leistungen als Geld- oder als Sach- und Dienstleistungen fließen sollen. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer jedenfalls hält das Bildungspaket für „den großen Durchbruch“.

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