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Bildungspolitik: Kiel statt Berlin

Die SPD will den Bund in der Bildungspolitik stärken – vorgestellt wird der Plan fernab der Hauptstadt.

Voller Saal im „Legienhof“ in Kiel. Am heißesten Tag des Jahres will die SPD das „heißeste Thema des nächsten Jahrzehnts“ diskutieren. Offiziell hat man zu einem „Bildungskongress“ eingeladen, tatsächlich findet in der etwas düsteren Räumlichkeit eine lokale Wahlveranstaltung statt. Zwei Stunden mit zweimal Talk und Musik und Filmchen.

Aber mit dem ganz großen Aufgebot. In der ersten Reihe sitzen nicht nur die regionalen Heroen der SPD, die in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein oder Brandenburg demnächst Landtags- oder Kommunalwahlen zu bestreiten haben. Gekommen sind die Wahlkampfteam-Mitglieder Manuela Schwesig, Carola Reimann und, dynamisch allen voran, Andrea Nahles, die als Zuständige für Bildung und Integration diese Veranstaltung vorbereitet hat. Gekommen ist aber vor allem der Kandidat selbst. „Drei junge Frauen, neu im Team“, ruft Frank-Walter Steinmeier. „Steht noch einmal auf.“ Die alte SPD, von der er eben geredet hatte, ist, wie man jetzt sieht, eben keine zu alte.

Steinmeier absolviert im „Legienhof“ ein Heimspiel. Der „Bildungsaufbruch“, um den es in dieser Rede gehen soll, ist Teil seines „Deutschland-Plans“, den die SPD bisher nicht zu einem Stoff hat machen können, an dem andere sich reiben und abarbeiten müssen. Schon gar nicht die Kanzlerin, die der Kanzlerkandidat durchaus ins Visier nimmt. „Dieses Land darf sich nicht im Klein-Klein verirren“, sagt er. Die „kleinen Schritte“, die Merkel zu ihrem Begriff gemacht hat, sind ihm zu wenig. Von der Bildungsoffensive dürfe man nicht nur reden: „Wir nehmen das ernst“, sagt Steinmeier, und: „Ich jedenfalls trete dafür an.“ Steinmeier, Bildungsaufsteiger wie so viele seiner Generation in der SPD, beschwört die sozialdemokratischen Erinnerungsmuster und wird dafür mit dankbarem Beifall belohnt. Die SPD wisse seit 146 Jahren, was Bildung bedeutet. Vor allem: „Bildung ist Teilhabe.“

Die Vorarbeit zur Kieler Veranstaltung, von Andrea Nahles geleistet, hat die sozialdemokratische Bildungsdiskussion in einem wichtigen Punkt bewegt: Das sogenannte Kooperationsverbot der ersten Föderalismusreform, das – mit Zustimmung der SPD – die Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes noch einmal eingeschränkt hat, soll fallen. Steinmeier: „Das Kooperationsverbot ist ein Irrweg.“ Alle staatlichen Ebenen müssten zusammenarbeiten, um zu einem wirklichen Bildungsaufbruch zu kommen.

Mit einem Seitenhieb wird Merkels „Bildungsgipfel“ vom letzten Jahr bedacht; die bildungspolitische Fantasie der „Konservativen“ beschränke sich auf den Satz: Wir müssen das Gymnasium erhalten. Gegen das Gymnasium habe er nichts, sagt der Kandidat, und es gehe auch nicht darum, die alten Schlachten noch einmal zu schlagen. Aber der Weg nach oben, zu den guten Bildungsabschlüssen, werde immer schwerer. Es sei aber kein Naturgesetz, dass die Kinder alleinerziehender Mütter oder die aus Migrantenfamilien viel seltener dahin kämen. Geld für Ganztagsschulen, Kitas oder Schülerbafög – keine Gebühren vom Kindergarten bis zur Universität, das sei das sozialdemokratische Programm und eines, dass nur durch Anstrengung aller staatlichen Ebenen geschafft werden könne.

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