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Politik: Bill Clinton, Ehud Barak und Hafez el-Assad wollen ihren Frieden (Kommentar)

Bill Clinton, der amerikanische Präsident, hat nur noch ein großes Ziel: Er will das letzte Jahr seiner nicht nur glorreichen Amtszeit mit der Vermittlung eines umfassenden Friedens im Nahen Osten schmücken. Hafez el-Assad, der syrische Präsident, hat auch nur noch ein großes Ziel: Der schwer kranke, mehr als 28 Jahre lang regierende "Löwe von Damaskus" will von Israel die Golanhöhen zurückhaben und sein Land aus der Isolation befreien.

Bill Clinton, der amerikanische Präsident, hat nur noch ein großes Ziel: Er will das letzte Jahr seiner nicht nur glorreichen Amtszeit mit der Vermittlung eines umfassenden Friedens im Nahen Osten schmücken. Hafez el-Assad, der syrische Präsident, hat auch nur noch ein großes Ziel: Der schwer kranke, mehr als 28 Jahre lang regierende "Löwe von Damaskus" will von Israel die Golanhöhen zurückhaben und sein Land aus der Isolation befreien. Und Ehud Barak, der israelische Ministerpräsident, hat zumindest ein großes Nahziel: Er will mit Syrien Frieden schließen und seine Truppen endlich aus dem Libanon holen. Mehr als tausend Israelis sind dort seit dem Einmarsch im Jahre 1982 getötet worden.

Die Voraussetzungen sind also günstig, unter denen die israelisch-syrischen Verhandlungen gestern in die zweite Runde gegangen sind. Ja, sie sind mehr als das: Selbst auf dem Reißbrett ließe sich keine bessere Konstellation entwerfen. Clinton persönlich hat den Gesprächen die höchste Weihe gegeben. Seine Außenministerin Madeleine Albright wird die ganze Woche über in dem kleinen Ort Shepherdstown im US-Bundesstaat West Virginia anwesend sein - abgeschirmt von der Weltöffentlichkeit, um ungestört mit den Delegationen jedes Detail zu erörtern. In denen aber steckt bekanntlich der Teufel. Soll das syrische Territorium bis zum See Genezareth reichen, dem wichtigsten Wasserreservoir Israels? Sollen israelische Unternehmer ungehindert ihre Geschäfte in Damaskus abwickeln dürfen? Was wird aus den palästinensischen Flüchtlingen, die seit über 50 Jahren im Libanon leben, ohne eingebürgert zu werden?

Im Klima des Misstrauens, das Jahrzehnte lang das Verhältnis zwischen Israel und Syrien geprägt hat, konnte über solche Fragen nicht einmal nachgedacht werden. Jetzt stehen sie plötzlich auf der Agenda. Allein das gleicht einer Revolution. Denn lösbar sind die Probleme allemal, jedenfalls mit Fantasie und Pragmatismus. Der Golan hat für Israel keine religiöse Bedeutung. Und arabische Führer können sich nicht mehr damit profilieren, dass sie sich "den Zionisten" prinzipiell verweigern. Es geht um Interessen und einen gerechten Ausgleich. Beide Seiten wollen am Ende ihr Gesicht wahren. Assad muss seinem Volk erklären, warum es richtig war, hartnäckig zu bleiben: "Die Golanhöhen werden ohne gravierende Zugeständnisse wieder syrisch sein." Und Barak muss seinem Volk erklären, warum es richtig war, auf den Besitz annektierten Landes ohne Not zu verzichten: "Israel wird zum erstenmal in seiner Geschichte mit all seinen Nachbarn im Frieden leben - eine bessere Sicherheitsgarantie gibt es nicht."

Noch ist es nicht so weit. Aber inzwischen wäre ein Ausbleiben des Erfolges überraschender, als es vor wenigen Wochen der Neubeginn der Verhandlungen war. Eines allerdings zeigt die Entwicklung des Nahost-Friedensprozesses - von Madrid 1991 bis heute - schon jetzt: Die einzige Macht, die in der Region wirklich etwas bewegen kann, sind die Vereinigten Staaten. Ohne Washington läuft nichts. Europa kann assistieren, kann wirtschaftliche Perspektiven bieten, aber politisch gestalten kann es nicht. Russland wiederum hat sich auf absehbare Zeit als mitbestimmender Faktor abgemeldet. Allenfalls aus symbolischen Gründen wird Moskau noch ins Boot gehievt.

Syrien hat sich vor dieser Einsicht zu drücken versucht. Sie mag auch schmerzhaft für Assad gewesen sein. Zu lange wähnte sich sein Land im Windschatten des großen sozialistischen Bruders einigermaßen sicher. Aber die Aufrechterhaltung des Status quo bot schließlich keine Alternative mehr. Die Sowjetunion als Schutzmacht hatte sich aufgelöst. Technologisch hinkt das Land sogar dem Libanon hinterher, den Syrien militärisch kontrolliert. Weil Assad seinem Nachfolger eine positive Zukunft bieten wollte, musste er einlenken.

Das Bild vom Handschlag zwischen Jitzhak Rabin und Jassir Arafat ging um die Welt. Wenn sich Barak und Assad vor dem Weißen Haus in Washington die Hände reichen, schließt sich der Kreis. Der so oft als Illusion verspottete neue Nahe Osten könnte dann Realität werden. Washington liebt solche Gesten. Und Clinton wünscht sich - nach den Jahren des Lewinsky-Debakels - nichts sehnlicher als diese Zeremonie. Alle seine Vorgänger haben sich an dieser Region die Zähne ausgebissen. Falls es ihm gelingt, den Knoten zu zerschlagen, wird er sich nicht bloß dankbar, sondern großzügig erweisen. Das wissen beide - Israel wie Syrien. Und beide brauchen die Hilfe.

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