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Osama Bin Laden wurde am 2. Mai 2011 von einem amerikanischen Spezialkommando in Pakistan getötet.

© dapd

Bin Ladens Botschaft: USA veröffentlichen Al-Qaida-Dokumente

Das US-Militär hat 17 ausgewählte Briefe und Nachrichten des ehemaligen Al-Qaida-Führers veröffentlicht, die bei der Stürmung dessen Residenz vor einem Jahr sichergestellt wurden. Ein Blick hinter die Kulissen des Terror-Netzwerks.

Ein Jahr nach der Tötung des Al-Qaida- Chefs Osama bin Laden hat das US-Militär ausgewählte Briefe und Nachrichten von ihm aus den Jahren 2006 bis zu seinem Tod veröffentlicht. Sie zeigen einen Mann, dem die Kontrolle über das Netzwerk entgleitet und der sich bemüht, aus seinem Versteck in Pakistan Fehler von Unterorganisationen zu korrigieren, die aus seiner Sicht die Zukunft der von ihm gegründeten Organisationen bedrohen.

Als eine US-Spezialeinheit am 2. Mai 2011 das Haus in Abbottabad stürmte, in dem bin Laden zuletzt wohnte, fiel eine Fülle von Unterlagen in die Hände der Amerikaner: fünf Computer mit Festplatten, hundert portable Datenträger wie USB-Sticks und DVD’s sowie unzählige Ausdrucke, Tagebücher und handschriftliche Notizen. Die 175 Seiten Papier, die das Terrorabwehrzentrum der Militärakademie Westpoint jetzt veröffentlichte, sind nur ein kleiner Ausschnitt. Zuvor hatte die US-Regierung die Geheimhaltung für diese 17 Dateien aufgehoben.

Rückblick in Bildern: Der Tod von Terrorführer Osama bin Laden

Demnach bereitete es bin Laden große Sorge, dass bei Attentaten der Al Qaida so viele Muslime ums Leben kamen. Das werde den Namen seiner Organisation dauerhaft beschädigen. Man müsse sich auf die Tötung von Amerikanern konzentrieren. Die Unterorganisationen dürften sich nicht zu sehr in regionale Kämpfe verwickeln lassen, schrieb er 2010. Die USA seien „wie ein Baum, dessen Äste die ganze Welt umfassen.“ Al Qaidas Kräfte seien begrenzt. „Unsere beste Strategie, den Baum zu fällen, besteht darin, den Stamm am Fuß abzusägen.“

Mit Argwohn verfolgte bin Laden, wie sich der Terrorkampf und die internationale Aufmerksamkeit zunehmend in den Jemen und nach Somalia verlagerten. In einem Brief an einen seiner Stellvertreter warnte er vor „zunehmenden Fehlern der Brüder dort“. Er hegte Misstrauen gegen Anwar al Awlaki, einen in Amerika aufgewachsenen Hassprediger mit US-Pass, der zur dominierenden Figur der Al Qaida der Arabischen Halbinsel aufstieg und 2011 bei einem amerikanischen Drohnenangriff getötet wurde. Als Awlaki 2010 die Führungsrolle im Jemen anstrebte, schrieb bin Laden, er solle „in seiner bisherigen Position bleiben“ und sich erst mal im Kampf beweisen und nicht nur an der Propagandafront. „Wir gewinnen Vertrauen in Menschen, wenn sie sich in vorderster Linie bewährt haben.“

Bin Laden sprach sich gegen ein offizielles Bündnis mit der islamistischen Al-Shabab-Miliz in Somalia aus. Erst sein Nachfolger, Ayman al Zawahiri, änderte diese Entscheidung. Zu Zawahiri hatte bin Laden ein distanziertes Verhältnis. Sein engster Vertrauter war der Libyer Jamal al Misrati. Er starb bei einem US-Drohenangriff.

Terrorismusexperten sagen, die Regierung Obama verfolge mit dieser Informationspolitik eigene Ziele. In einer begleitenden Analyse schreiben die Militärs, in diesen Unterlagen gebe es „keine ausdrücklichen Hinweise auf Unterstützung (bin Ladens) durch pakistanische Institutionen.“ Vor einem Jahr war das Misstrauen groß, dass der Geheimdienst oder das Militär Pakistans den Terrorchef geschützt habe; es galt als kaum vorstellbar, dass er ohne solche Hilfe jahrelang unerkannt am Rande einer Garnisonsstadt leben konnte. Die Analysten betonen zugleich, dass sie keinen Zugang zu den tausenden anderen Unterlagen bin Ladens hatten, die weiter als geheim eingestuft sind.

Auch die Beziehungen zwischen bin Laden und dem Iran werden differenziert dargestellt. Generell beschuldigen die USA das Mullahregime, die Al Qaida und verbündete Terrororganisationen zu unterstützen. Nach dem Westpoint-Bericht war das Verhältnis von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Es sei „ein unangenehmes Nebenprodukt aus der unvermeidbaren Notwendigkeit heraus, voller Interessengegensätze“. Der Landweg durch den Iran war eine übliche Route, auf der Al-Qaida-Kämpfer nach Afghanistan gelangten.

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