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Biosprit-Gipfel: Die drei Verlierer von der Tankstelle

Egal ob Norbert Röttgen, Rainer Brüderle oder Ilse Aigner: Die zuständigen Berliner Minister haben auf dem Biosprit-Gipfel keine gute Figur gemacht.

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Berlin - Mit einem Tankrüssel im Gesicht brandmarkte die „Bild“-Zeitung den Umweltminister Norbert Röttgen am Mittwoch, dem Tag nach dem Gipfel zum umstrittenen Kraftstoff E10. Röttgen sei derjenige, der das Biosprit-Chaos „verzapft“ habe, lautete das Urteil der Zeitung. Noch schlimmer für den Minister muss es aber sein, dass sich in der Koalition am Mittwoch partout niemand finden lassen will, der ihn in Schutz nimmt. Zu wenig überzeugend klang das von Röttgen vorgetragene Gipfel-Resultat. Und zu fragwürdig war auch die Rolle des Ministers selbst.

Das fing schon mit dem Auftritt des smarten CDU-Mannes an. Seit Wochen herrscht Chaos an den Tankstellen – und der Minister zeigt sich zum Krisengipfel urlaubsbraun. Röttgen war mitten in der Biosprit-Krise mit seiner Familie in den Ski-Kurzferien – so etwas kommt selten gut an. Ohnehin fragen sich besorgte Koalitionäre, wieso Röttgen Schwarz-Gelb knapp drei Wochen vor den Landtagswahlen in den Pendlerländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz tatenlos in ein Tankstellenchaos hat hineingleiten lassen. Hat der Minister das Durcheinander nicht kommen sehen? Schlimme Erinnerungen an das Jahr 2010 werden wach. Röttgens Missmanagement wird der Umstand in die Schuhe geschoben, dass es der Opposition gelingen konnte, die Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke zum gesamtgesellschaftlichen Spaltthema aufzubocken.

Etwas hinterlistig hört man an diesem Mittwoch Empörung von Sigmar Gabriel. Der SPD-Vorsitzende hatte 2008 als Röttgens Amtsvorgänger in der großen Koalition schon einmal die Einführung von E10-Sprit gestoppt. Nun sagt er, Röttgen hätte nur mal vor ein paar Monaten in seine Akten sehen müssen. Da wäre ihm aufgefallen, dass alle Probleme, wegen derer Gabriel den Biosprit gestoppt hatte, bis heute nicht beseitigt seien. „Di-Mi-Do-Minister“ nennt Gabriel ihn deshalb mit Blick auf Röttgens landespolitische Verpflichtungen in Nordrhein-Westfalen, und kann ihm nicht die Feststellung ersparen, dass es ein „massiver Fehler war“, den Verkauf nicht gestoppt zu haben.

Als politisches Cleverle wollte sich Wirtschaftsminister Rainer Brüderle wiederum hervortun, als er das kommunikative Vakuum ausnutzte und zum E10-Gipfel lud – obwohl er mit Biosprit nur am Rande zu tun hat. Seine Strategie, mit der er im Wahlkampf des Heimatlandes Rheinland-Pfalz punkten wollte: Wo immer ein Brüderle ist, da kümmert sich jemand um die Interessen der Menschen. Der Wirtschaftsminister hat von Anfang an gesehen, dass die Autofahrer den unbekannten neuen Sprit meiden und früher oder später die Politik dafür verantwortlich machen werden. Deshalb hat er darauf gesetzt, dass der Verkauf sofort gestoppt und verschoben wird. Doch das Treffen lief ganz und gar nicht nach den Plänen des Liberalen. Denn außer ihm selbst war niemand anwesend, der ein Interesse an einem sofortigen Stopp hat.

Die Grünen kritisierten auch Verbraucherministerin Ilse Aigner. „Der Verbraucherschutz steht in Aigners Ministerium immer hinten an“, sagt Fraktionsvize Bärbel Höhn. „Dass die Autofahrer den neuen Kraftstoff quasi boykottieren, ignoriert die Ministerin und dringt nicht auf verbraucherfreundliche Lösungen. Wichtig scheint nur, die Investitionen der Agrarlobby zu sichern“, lautet ihr Urteil.

Tatsächlich ist, wie so oft, nicht klar, wen die Doppelministerin nun vertritt: die Verbraucher an den Tanksäulen oder die Biosprit produzierende Agrarindustrie. Wie Röttgen pocht sie darauf, dass es bei der Ethanol-Zumischung bleibt. Auch auf eine Strafandrohung für Mineralölkonzerne, die die vereinbarte Quote nicht einhalten, beharrt sie. Gleichzeitig zeigt Aigner Verständnis für den Boykott der Autofahrer. Ihre Forderungen: schnelle, rechtsverbindliche Informationen sowie die Zusicherung, Strafzahlungen nicht auf die Spritpreise umzulegen. Von einem Konflikt mit Agrarinteressen will Aigners Sprecher Holger Eichele nichts wissen. Die Ethanolproduktion sei „kein Hauptstandbein der deutschen Landwirtschaft“, betont er. Von zwölf Millionen Hektar Agrarfläche würden die für Biosprit verwendeten Futtermittel gerade mal auf 240 000 Hektar angebaut.

Immerhin nahm die CSU-Politikerin das Thema so ernst, um beim Benzingipfel im Wirtschaftsministerium persönlich dabei zu sein. Ihr Kollege Peter Ramsauer dagegen schickte nur seinen Staatssekretär. Wer dem Verkehrsministerium dieser Tage etwas über das wichtigste Thema für Autofahrer entlocken will, wird mit der Auskunft abgespeist, sich „an das Umweltministerium zu wenden“. Bekannt gemacht hat der CSU-Mann im Vorfeld nur eines: Ein Tempolimit, um den Kohlendioxid-Ausstoß zu senken, lehnt er ab.

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