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Bange Erwartung. Birgit Homburger wartet auf dem FDP-Landesparteitag in Stuttgart auf ihr Wahlergebnis. Jetzt muss sie in Berlin kämpfen.

© dpa

Birgit Homburger: Knappe Mehrheit im zweiten Wahlgang

Auf dem Sonderparteitag der baden-württembergischen FDP schafft es die Spitzenpolitikerin Birgit Homburger nur knapp, an der Spitze zu bleiben. Ihr Kampf geht auf Bundesebene weiter.

Von Antje Sirleschtov

Samstagnachmittag in der Stuttgarter Carl-Benz-Arena: Während im Fußballstadion nebenan der VfB um den Klassenerhalt kämpft, wissen nicht nur 400 Delegierte des Sonderparteitags der baden-württembergischen Südwest-FDP, dass es um Sein oder Nichtsein ihrer Spitzenpolitikerin Birgit Homburger geht.

„Auch wenn sie es nicht wird, draufhalten, draufhalten!“, wird einem Kameramann ins Ohr gebrüllt. Es geht um das Bild Homburgers, wenn sie erfährt, dass sie nicht mehr Vorsitzende der bei der Landtagswahl im März auf kümmerliche 5,3 Prozent zusammengeschnurrten Landespartei ist. Und gleichzeitig weiß, dass sie sich dann auch nicht mehr an der Spitze der FDP-Bundestagsfraktion halten kann. Das Ende einer erstaunlichen Karriere, eingefangen im Moment des Scheiterns.

Und dann wird das das Ergebnis verkündet: Homburger wie ihr Herausforderer, der Europaabgeordnete Michael Theurer, haben exakt jeder 180 Stimmen erhalten, nötig wären 199 gewesen. Ungläubig schüttelt die Konstanzerin den Kopf. Nicht nur sie selbst hatte sich nach Wochen des innerparteilichen Wahlkampfs zuletzt wieder deutlicher vorn gesehen.

Theurer strahlt. 27 Nein-Stimmen und zehn Enthaltungen, das birgt Chancen im zweiten Wahlgang. Unter seinem Tisch liegt ein Strauß gelber Rosen mit einem blauen Band zusammengehalten: „Für die Birgit, egal, wie es ausgeht.“ Es wird zu nächsten Wahl aufgerufen. Die 44-jährige sitzt angespannt auf ihrem Platz, „wem es in der Küche zu heiß ist, muss draußen bleiben“, bescheidet sie Fragen nach ihrer Verfassung. Und dann hat sie im zweiten Wahlgang die ausreichenden 199 Stimmen, Theurer nur sieben weniger. Aller Stress fällt sichtbar ab, ihr Mann nimmt sie in den Arm, ein Noch-Staatssekretär küsst sie, ein Bundestagsabgeordneter auch. „Geht doch“, sagt Homburger mehr zu sich selbst, ehe sie am Rednerpult auf dem Podium dankend die Wahl annimmt: „Nach vorn schauen“ sei jetzt angesagt. Theurer hat nicht nur die Blumen parat, sondern holt sich auch noch Beifall für die Aussage: „Der Landesverband steht hinter Dir zu 100 Prozent“ – in einer klaren Resolution möge man das doch bitte mit Blick auf die anstehende Wahl des Fraktionsvorstands in Berlin festhalten.

Genau daran denkt jetzt auch Homburger wieder, die in ihrer Bewerbungsrede gesagt hatte, „dass ich mich gern erneut für meine FDP in die Schlacht werfen will“. Noch ist ihr Kampf nicht zu Ende. An diesem Sonntag, bei der Fraktionsklausur im Reichstag, will sie eine Mehrheit bekommen für vorgezogene Neuwahlen, was freilich eine Satzungsänderung nötig machte. Nicht erst Ende Mai oder Anfang Juni, wie zunächst geplant, sondern am besten schon am kommenden Dienstag sollte gewählt werden. „Dann sind die Positionen klar, dann wird es halt ausgetragen“, sagt Homburger. Vordergründig hätte dann wenigstens die Bundestagsfraktion alle Personalquerelen vor dem Rostocker Parteitag Ende der Woche bereinigt. Das hintergründige Kalkül geht ein wenig anders: Zum Beispiel so: Ein Daniel Bahr, der ihr den Fraktionssitz streitig machen könnte, wird vor seiner angestrebten Wahl zum Partei-Vize kein Risiko eingehen wollen.

Homburgers Argument : „Baden-Württemberg tickt anders als andere Landesverbände, bodenständiger. Ich habe Sorge um eine Achsenverschiebung.“ Links der Mitte sei kein Platz mehr frei für eine fünfte sozialdemokratische Partei. Stuttgarts Fußballer haben sich an diesem Nachmittag in die nächste Saison mit einem 2:1-Sieg über Hannover gerettet. Für Homburger gilt die Trainer-Weisheit: Das nächste Spiel ist das schwerste.

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