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Birma: Die Siegerin mahnt zur Vorsicht

Die Opposition unter Nobelpreisträgerin Aung Suu Kyi hat bei den Parlamentswahlen offenbar mindestens 40 von 45 Mandaten gewonnen. Sie hofft auf einen politischen Neubeginn für ihr Land - fürchtet aber gleichzeitig die Rache der Generäle.

„Wir hoffen, dies wird der Anfang einer neuen Ära.“ Mit diesen Worten reagierte Birmas Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi am Montag auf den sich abzeichnenden Sieg ihrer Nationalliga für Demokratie (NLD) bei den Nachwahlen am Sonntag. Unterdessen forderte US-Außenministerin Hillary Clinton die politische Führung Birmas auf, ihre Reformen fortzuführen.

Suu Kyi hielt ihre kurze Ansprache vor dem NLD-Hauptquartier in Ranguns zentralem Stadtteil Bahan. Mehr als 1000 Anhänger hatten sich schon Stunden zuvor vor der Parteizentrale versammelt und den Verkehr zum Erliegen gebracht. Die NLD-Anhänger hatten auch allen Grund zum Feiern: Mitarbeiter von Suu Kyis Partei erklärten, die NLD habe ihren Berechnungen zufolge in 43 von 44 Wahlkreisen, in denen ihre Kandidaten angetreten waren, gewonnen. Von örtlichen Wahlleitern war zu hören, sie habe mindestens 40 Sitze gewonnen. Das endgültige Ergebnis werden die Behörden vermutlich erst in wenigen Tagen bekannt geben.

Suu Kyi rief ihre Anhänger angesichts des sich abzeichnenden klaren Siegs gegenüber den Vertretern des Militärregimes zur Mäßigung auf. Sie sagte, die NLD-Anhänger dürften jetzt nicht „diejenigen auf der anderen Seite verärgern“ und sollten „in einer kontrollierten Weise handeln“. Vor ihrer Parteizentrale erklärte die Friedensnobelpreisträgerin, dass es nicht wichtig sei, „wie viele Sitze wir gewonnen haben, sondern dass die Menschen am demokratischen Prozess teilgenommen haben“. „Wir laden alle Parteien, die unserem Land Frieden und Wohlstand bringen möchten, dazu ein, zusammenzuarbeiten“, erklärte sie.

Suu Kyis Warnungen sind angebracht. Denn schon einmal – nach den Wahlen im Jahr 1990 – haben die bloßgestellten Generäle nach einem eindeutigen Sieg der NLD alle politischen Fortschritte umgekehrt und das Land mit Gewalt wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Deshalb dürften auch die kommenden Tage für Birma die kritischsten seit Jahren sein. Denn den Armee-Hardlinern aus dem Umfeld von Ex-Diktator Than Shwe wird besonders missfallen, dass die NLD – sofern deren Prognosen zutreffen – offenbar in Naypyidaw alle verfügbaren Sitze gewonnen hat. Gewaltherrscher Than Shwe hat die neue, monumentale Hauptstadt des Landes erst vor wenigen Jahren tief im Landesinneren errichten lassen. Dort leben und arbeiten fast ausschließlich Militärs und Beamte. Dass diese nun so eindeutig für Suu Kyis Partei gestimmt haben sollen, könnte innerhalb der Armeeführung sogar eine gewisse Panik auslösen.

Einen sofortigen politischen Wandel wird die Abstimmung zwar nicht bringen. Von den 664 Sitzen im Parlament, die zu mehr als vier Fünfteln mit Soldaten und deren Unterstützern besetzt sind, waren lediglich 45 neu zu vergeben. Doch die Nachwahlen gelten als wichtiges Barometer für die landesweiten Parlamentswahlen 2015.

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