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Birmas Demokraten: Warten, beten – und demonstrieren

1990 gewann die "Nationale Liga für Demokratie" die Wahlen in Birma. Aber das Militär erkannte das Ergebnis nicht an und sperrte viele Mitglieder der Partei ein.

Birmas Demokraten sitzen in einem kleinen Reihenhaus in Rangun. Vor dem Eingang steht in dunklem Rot auf großen Schildern, wer hier zu Hause ist: die „Nationale Liga für Demokratie“, die NLD. Das Bündnis war 1988 gegründet worden und strebt seitdem an, mit friedlichen Mitteln die Regierung des Landes mit seinen 50 Millionen Einwohnern zu übernehmen. 1990 gewann die NLD freie Wahlen. Knapp acht Millionen Stimmen, 60 Prozent aller abgegebenen, brachten der NLD aufgrund des Wahlkreiszuschnitts 80 Prozent der Parlamentssitze. Aber Birmas Militär erkannte das Ergebnis nicht an und blieb an der Macht. Viele NLD-Mitglieder wurden eingesperrt, auch Mitgründerin und Oppositionschefin Aung San Suu Kyi, die 1991 den Friedensnobelpreis erhalten hatte und seit fast 18 Jahren mit kurzen Unterbrechungen in Hausarrest festgehalten wird.

Die NLD-Führungsriege sitzt im zweiten Stock, wo mit Spanplatten Räume eingerichtet wurden. Es gibt nur ein Telefon, das wird abgehört. Seit Mitte des Monats ist die Leitung wegen des aktuellen Straßenprotests gekappt. Auch NLD-Mitglieder nehmen an den Märschen der Mönche teil. Nach Ansicht der Junta hat die NLD die Mönche zu dem Protest angestachelt: „NLD-Extremisten besuchten Klöster, um Mönche aufzuwiegeln“, berichtete eine Militärzeitung. Birmas Regime hat die Partei nie verboten, die NLD bleibt die einzige legale Oppositionsgruppe im Land. „Das Regime hat uns fast zerstört, es aber nicht ganz geschafft. Wenn morgen gewählt würde, bekämen wir wieder so viele Stimmen,“ sagte Sprecher U Lwin 2002.

Ebenfalls in diesem Jahr probierte das Militär einen Annäherungskurs aus. Suu Kyi wurde freigelassen, ausländische Journalisten durften ins Land. Damals hatte man den Eindruck, dass die Legalität der NLD dem Militär helfen sollte, Demokraten besser im Auge zu behalten. Gegenüber dem NLD-Büro saßen täglich Juntaspitzel auf Plastikschemeln in einem kleinen Cafe und zeigten die langen Objektive ihrer Fotoapparate. Wer zur NLD ging, sollte wissen, dass er erfasst wird. „Wie viele Mitglieder wir noch haben, kann ich nicht sagen. Die Regierung hat unsere Unterlagen beschlagnahmt“, sagte Sprecher U Lwin, „wir wissen auch nicht, wie viele von uns noch im Gefängnis sind. Aber unser Netzwerk ist intakt. Wir brauchen nur eine Regierungschance.“

Der Erwartungsdruck, der in diesen Tagen auf den Mönchen liegt, lag zuvor fast 20 Jahre lang hauptsächlich auf Suu Kyis Schultern. Das spürt sie und das zeigt sie in der Regel. Die Friedensnobelpreisträgerin steht ständig unter Strom, lächelt nur noch selten. An ihrem 57. Geburtstag, den sie in der Parteizentrale feierte, ging sie hastig zum Mikrofon, ihre Rede dauerte nur drei Minuten. Sie sagte, was sie wahrscheinlich auch heute sagen würde, dürfte sie öffentlich sprechen: „Ich rufe alle dazu auf, ihren Mut und ihre Kraft zu nutzen, damit wir so schnell wie möglich eine friedliche Nation mit demokratischen Institutionen werden.“

Suu Kyi wurde am 30. Mai 2003 wieder festgenommen und steht seitdem unter Arrest in ihrem Haus an Ranguns Inya-See. Am vergangenen Wochenende öffneten Polizisten kurz für Mönche die normalerweise undurchdringliche Straßensperre an der University Avenue, an der Suu Kyi wohnt. Sie kam vor ihre Haus und weinte. Seitdem ist die Straße wieder abgeriegelt.

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