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Birma

© dpa

Birmas Mönche: Die Wut der Milden

Die größte Demonstration seit 20 Jahren: Birmas Mönche und ihr gigantischer Protest.

Am Anfang stand eine Preiserhöhung. Benzin, so sagte die Militärregierung, sei nun fünfmal so teuer. Kurz darauf wurde auch vieles andere teurer, und es gab auch etwas Protest im Land. Aber dann, drei Wochen später, Anfang September, hat die Regierung ihren vielleicht entscheidenden Fehler gemacht – und aus einem Protest einen Volksaufstand: Als Mönche sich einreihten in die kleinen Demonstrationen in der Stadt Pakokku, hieß die Regierung die Polizisten, sie zu verprügeln.

Am vorläufigen Ende steht am Montag die größte Demonstration, die es in Birma in den vergangenen 20 Jahren gegeben hat: Zwischen 30 000 und 50 000, vielleicht sogar 130 000 Menschen ziehen durch die Straßen von Rangun, der größten Stadt im Land, auch in 20 anderen Orten demonstrieren sie, angeführt von Mönchen, ein safranrotes Meer in den Straßen, geschorene Köpfe, Gesänge. Die Mönche bilden mittlerweile die Spitze und die Basis des Protests. Sie sind weitgehend friedlich. Das heißt aber nicht, dass sie nicht wütend sind.

Am Tag nach den Prügeleien von Pakokku – die Stadt liegt rund 500 Kilometer nordwestlich von Rangun – kamen die Polizisten wieder, doch diesmal, um sich zu entschuldigen. Die Mönche jedoch zündeten die Polizeiautos an und nahmen 20 Geiseln. Sechs Stunden wurden die Polizisten im Kloster von Pakokku festgehalten. Bewohner der Stadt sagten später, die Mönche hätten sie aufgefordert, sich nicht einzumischen. Sie würden dieses „Problem“ alleine lösen.

Das Problem ist die Militärregierung und die Unzufriedenheit der Menschen mit ihr. Eine Regierung wie eine Sekte, mit einem nahezu unsichtbaren Chef. Birmas Diktator Than Shwe, Herrscher über 50 Millionen Menschen, ist scheu und brutal. Sein Militär geht gegen ethnische Minderheiten im Norden Birmas vor, Exilgruppen sprechen von „Völkermord auf Raten“. Und landesweit jagt Than Shwe Demokraten.

„Wir marschieren für das Volk“, sagt ein Mönch in Rangun. „Dies ist eine friedliche Massenbewegung“, steht auf einem Transparent. „Alles ist schlecht hier“, sagt ein Sprecher der „Allianz aller Mönche Birmas“. „Die Wirtschaft ist schlecht. Das politische System ist schlecht. Wir können nicht länger leiden. Wir protestieren, bis wir unsere Freiheit bekommen.“

Allerdings scheint die Militärregierung von Diktator Than Shwe noch Einfluss auf einige Geistliche im Land zu haben. Das staatliche Sangha-Nayaka- Komitee, in dem führende Mönche sitzen, hat alle Tempel in Rangun angewiesen, Besucher nach Hause zu schicken. Gemeint sind junge Mönche, die offenbar aus anderen Städten angereist sind, um den Protest zu organisieren.

Angeblich spricht Diktator Than Shwe nur mit engsten Gefolgsleuten. Die sollen nur gute Nachrichten überbringen, weil er keine schlechten mag. Aber das ist in diesen Tagen nur schwer möglich, der General scheint im Bilde zu sein. „Er hat befohlen, den Protest der Mönche gewaltsam aufzulösen“, berichten Mitglieder der „Democratic Voice of Burma“, einer Organisation von Exil-Birmanen. Ob ihre Informationen korrekt sind, ist unklar.

Ein in Bangkok lebender Birma-Experte sagte der Katholischen Nachrichten- Agentur, die Menschen bereiteten sich auf das Schlimmste vor. „Meine Quellen in Birma sagen mir, dass sich Studenten und Mönche, die Kontakte zu Ausländern haben, von diesen verabschieden, weil viele glauben, diese Woche nicht zu überleben“, sagte der Mann.

Es sieht so aus, als könnte am Ende der Proteste von Birma nur zweierlei stehen: ein Blutbad an den Demonstranten oder eine Revolution.

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