zum Hauptinhalt

Politik: Bis 2020 ein Bundesland Mitteldeutschland?

Berlin - Weil die ostdeutschen Bundesländer in absehbarer Zeit durch ihren Bevölkerungsrückgang an die Grenze ihrer Lebensfähigkeit kommen, sind perspektivisch Länderfusionen unumgänglich. Mit dieser Feststellung reagierte Joachim Ragnitz vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) auf die neu aufgelebte Debatte über eine Zusammenlegung von Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zu einem Bundesland Mitteldeutschland.

Von Matthias Schlegel

Berlin - Weil die ostdeutschen Bundesländer in absehbarer Zeit durch ihren Bevölkerungsrückgang an die Grenze ihrer Lebensfähigkeit kommen, sind perspektivisch Länderfusionen unumgänglich. Mit dieser Feststellung reagierte Joachim Ragnitz vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) auf die neu aufgelebte Debatte über eine Zusammenlegung von Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt zu einem Bundesland Mitteldeutschland. Ragnitz, der im IWH für Strukturökonomik zuständig ist, sagte dem Tagesspiegel, wünschenswert wäre ein solcher Vereinigungsprozess so schnell wie möglich. Doch realistisch sei dafür wohl ein Termin um das Jahr 2020. Bis dahin habe sich die Zahl der Einwohner in den ostdeutschen Ländern so verringert, dass man keine vernünftige Landesplanung mehr machen könne. „Die Länder können nicht mehr leistungsfähig sein, wenn ihre Bevölkerungszahl unter zwei Millionen sinkt“, sagte Ragnitz. 2020 sei auch ein sinnvoller Termin, weil 2019 der Solidarpakt II ausläuft.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) hatte Ende vergangener Woche in einem Interview geäußert, eine Fusion der drei Länder sei eine „sinnvolle Option“. Er schränkte aber ein, dass ein solcher Zusammenschluss derzeit noch kein Thema sei. Auch die SPD in Sachsen-Anhalt steht einer Länderfusion aufgeschlossen gegenüber. Allerdings wird das Thema von der Politik weithin mit spitzen Fingern angefasst, seit 1996 die Länderfusion zwischen Berlin und Brandenburg beim Volksentscheid an der Ablehnung der Brandenburger gescheitert war. Am Rande der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz am vergangenen Freitag ließ außer Böhmer keiner der anwesenden Regierungschefs eine Neigung zu entsprechendem Handeln erkennen. Sachsens Regierungschef Georg Milbradt (CDU) argumentierte: „Wenn sich drei Arme zusammentun, wird daraus noch kein Reicher.“ Aufgeschlossen zeigte sich jedoch der neue Verkehrs- und Aufbau-Ost-Minister Wolfgang Tiefensee (SPD): Man müsse über alles nachdenken, was zu effektiveren Strukturen führt, sagte er.

Der Wissenschaftler Ragnitz erwartet von Fusionen nicht nur Einspareffekte, an deren Höhe man ohnehin nicht allzu hohe Erwartungen knüpfen solle. Ein zweiter Vorteil sei, dass Abstimmungen vereinfacht würden. „Damit würde endlich die lähmende Konkurrenz zwischen den Ländern aufhören und es könnte eine kohärente Wirtschaftspolitik gemacht werden“, sagte er. Eine von den drei CDU-geführten Landesregierungen 2002 ins Leben gerufene „Initiative Mitteldeutschland“, mit der Verwaltungen zusammengelegt und Synergieeffekte genutzt werden sollten, erbrachte bislang nur mäßige Resultate.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false