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Politik: Bis an die Grenze

Kurden fühlen sich von USA durch Vertrag mit Türken verraten

Im UN-Sicherheitsrat wird über das Vorgehen gegen den Irak noch debattiert, doch die Kurden im Norden des Landes sehen sich schon jetzt auf der Verliererseite. Auf einer Sondersitzung verabschiedete das nordirakische Kurdenparlament am Dienstag eine Warnung an die USA und die Türkei, nicht in den Nordirak einzumarschieren. Der einstimmige Beschluss der nordirakischen Kurden folgte unmittelbar auf die Entscheidung der türkischen Regierung, US-Truppen zur Eröffnung einer Nordfront gegen Bagdad ins Land zu lassen – und dabei auch gleich eigene Truppen in den Nordirak zu entsenden. Ausländische Truppen würden im Nordirak nicht geduldet, warnten die Kurden, die sich von der Einigung zwischen Washington und Ankara verraten fühlen. Statt in der Nordfront gegen Bagdad mitzumachen, drohen die Kurden nun, sich notfalls gegen einen türkischen Einmarsch zu stellen.

„Es soll bloß keiner glauben, dass wir bluffen“, warnte der Außenbeauftragte der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP), Hosiar Zebari. „Jede Intervention, gleich unter welchem Vorwand, wird Kämpfe provozieren.“ Das Kurdenparlament im nordirakischen Erbil beschloss, seine Warnung der türkischen und der US-Regierung zu überstellen. „Allen Ländern, die Truppen auf unser Gebiet schicken wollen, werden wir den Weg versperren“, heißt es in der Resolution. Damit ist das Tischtuch zwischen den USA und ihren vormaligen Bündnispartnern gegen Saddam Hussein zerschnitten. Die Kurden wollen keinesfalls zulassen, dass türkische Truppen in den Nordirak einmarschieren.

Lange hatten die KDP und die Patriotische Union Kurdistans (PUK), die seit dem letzten Golfkrieg den Nordirak kontrollieren, den US-Versprechen auf regionale Autonomie geglaubt. Erste Zweifel kamen den Kurden, als die USA ihre Pläne für eine Militärverwaltung vorstellten. Die gesamte irakische Opposition spielte darin praktisch keine Rolle. Endgültig vollzogen wurde der Bruch nun durch die Einigung zwischen der Türkei und den USA, der das türkische Kabinett am Montagabend zustimmte.

Weil Washington die Türken für den Krieg dringend braucht, konnte Ankara in den Verhandlungen fast alle türkischen Bedingungen durchsetzen – und die sind mit den kurdischen Interessen unvereinbar. Schriftlich vereinbarten Ankara und Washington, dass es nach dem Krieg keinen autonomen Status für die nordirakischen Kurden geben soll. Während des Krieges erhält die türkische Armee im Nordirak freie Hand, um einen Kurdenstaat zu verhindern. „Eine türkische Besatzung ist uns tiefer zuwider als das Bagdader Regime“, so KDP-Vizepremier Sami Abdul Rahman. Rund 100 000 Mann haben KDP und PUK unter Waffen; die USA wollen 60 000 Soldaten über die Nordgrenze schicken, die Türken könnten bis zu 120 000 Mann aufbieten. Nach der türkisch-amerikanischen Vereinbarung sind außerdem eine US-Direkthilfe in der Höhe von sechs Milliarden Dollar und Kreditzusagen über 20 Milliarden Dollar im Gespräch.

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