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Politik: Bismarck im Rücken, aber liberal gesinnt

Geht das: eine scharfe politische Klinge und dennoch weit verbreitete Wertschätzung? Bei ihm schon.

Geht das: eine scharfe politische Klinge und dennoch weit verbreitete Wertschätzung? Bei ihm schon. Wie kaum ein anderer Politiker ist Otto Graf Lambsdorff zum Markenzeichen geworden, zum "Markt-Graf", zum "Lordsiegelbewahrer" - wie Franz Josef Strauss einst höhnte - der Marktwirtschaft. Die mögen nicht alle, aber viele mögen ihn. Die Anerkennug gilt dem Vertreter einer rar gewordenen Spezies: einem homo politicus im klassischen Sinn, dem Parlaments-Degen alter Schule - Tonlage kämpferisch bis ironisch -, dem notorischen Herausforderer des öffentlichen Disputs - und sei es in aller Herrgottsfrühe im Deutschlandfunk.

Und natürlich würdigt der Respekt den eigen Kopf, mit dem Lambsdorff durchs politische Leben gegangen ist. Er ist Prophet der Marktwirtschaftler vom Scheitel bis zur Sohle, aber bei der Schlacht um den Lauschangriff stand er auf der Seite der Linksliberalen. Er kann sich - lange ist es her - zu den Vätern des legendären Freiburger Programms rechnen. Selbst in seinem allzu pragmatischen Umgang mit Parteispenden, für den er Anfang der achtziger Jahre mit seinem Ministeramt und einem Freispruch zweiter Klasse bezahlen musste, kann man noch eine, freilich dunklere Spielart dieses politischen Temperaments erkennen.

Sieht man zurück auf die Politik in der Bundesrepublik, nimmt man nur wenige seines Kalibers war, noch seltener solche, bei denen es - wie bei ihm - die Person ist, die den Politiker macht. Erst spät, 1972, ist er, schon ein Mit-Vierziger, auf der Bonner Bühne aufgetaucht. Da hatte er bereits eine erfolgreiche Bank-Laufbahn absolviert. Keiner rückte so schnell wie er in die erste Reihe, wo er seitdem zu denen gehört, die der deutschen Politik ein Gesicht geben: der knorrig-liberale Aristokrat, gestützt auf den Stock, lebenslange Mitgift seiner schweren Verletzung in den letzten Stunden des Krieges, im Büro hinter sich das Bismarckbild. Fünf wichtige Jahre, von 1988 bis 1993, war er FDP-Vorsitzender. Eben erst hat er sich um die Lösung der Zwangsarbeiter-Frage verdient gemacht. An diesem Donnerstag wird Otto Graf Lambsdorff 75 Jahre alt.

Rdh.

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