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Politik: BKA: Viele Ärzte betrügen

Ermittler beklagen fehlende Kontrollmöglichkeiten

Berlin. Die 4695 amtlich erfassten Fälle von Abrechnungsbetrug im deutschen Gesundheitswesen im Jahr 2001 sind nach Ansicht des Bundeskriminalamtes (BKA) nur die Spitze eines Eisbergs. „Abrechnungsbetrug ist wesentlich weiter verbreitet als dies in den polizeilichen Statistiken zum Ausdruck kommt“, heißt es im jüngsten BKA-Jahresbericht zu Delikten im Gesundheitsbereich. Allein die aufgedeckten Fälle hätten 2001 einen Schaden von 37 Millionen Mark verursacht. Das BKA vermutet eine „hohe Dunkelziffer“, weil das Abrechnungssystem zwischen gesetzlichen Krankenkassen, Ärzten und Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) „weitgehend unkontrolliert“ sei.

Für die betroffenen Patienten gebe es keine Möglichkeit, „die ärztlichen Liquidationen mit den tatsächlich erbrachten Leistungen zu vergleichen“, beklagt das BKA. Die Krankenkassen würden die eingereichten Honorarforderungen ungeprüft erstatten, weil sie „aus Kostengründen kein Interesse an einer Nachprüfung“ hätten. „Bei der extrem hohen Dunkelziffer haben wir ein Problem, das zu bewältigen“, sagt Joachim Odenbach, Sprecher des IKK-Bundesverbandes. Nach Angaben des BKA zeigen außerdem zu wenige KVen ihre Ärzte an. Und selbst wenn ein Arzt beim Betrügen erwischt werde, stellen die BKA-Experten keine Reue fest, sondern vielmehr ein „mangelndes Unrechtsbewusstsein“.

Wie gehen Betrüger in der Regel vor? Für Empörung haben Fälle gesorgt, in denen mit Chipkarten von Toten Leistungen abgerechnet wurden. Der Normalfall sieht jedoch anders aus: Ärzte stellten Leistungen in Rechnung, die sie nie erbracht haben, berichtet das BKA. Oder sie rechneten Leistungen gleich mehrfach ab, auch wenn sie nur einmal tätig geworden sind. Bei Einzelabrechnungen wurden Rabatte nicht an die Krankenkassen weitergereicht. Labore belohnten Ärzte, die ihnen Aufträge gaben, mit Scheinrechnungen.

Angesichts der Betrugszahlen forderte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Klarheit und ausreichende Informationen. „Diese BKA-Daten unterstreichen die Notwendigkeit von Transparenz und Offenheit in der gesetzlichen Krankenversicherung. Wir erwarten von der KBV eine rückhaltlose Offenlegung dessen, was sie weiß“, sagte sie dem Tagesspiegel. Es gehe dabei auch „um den guten Ruf der vielen ehrlichen Ärztinnen und Ärzte“.

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