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Politik: Blair distanziert sich vorsichtig von Bushs Politik Premier reagiert auf Kritik

von 52 britischen Ex-Diplomaten

London. Eine beispiellose Attacke britischer Ex-Diplomaten hat Tony Blair gezwungen, seine Differenzen mit der amerikanischen Nahost- und Irakpolitik klarer zu betonen. 52 ehemalige Diplomaten, darunter ehemalige Botschafter in Nahostländern, hatten in ihrem offenen Brief massiv Kritik an Blairs Außenpolitik geübt und ihn aufgefordert, eine Änderung des amerikanischen Kurses zu bewirken oder US-Präsident George W. Bush die Gefolgschaft aufzukündigen. Echter Einfluss eines loyalen Alliierten auf die US- Politik sei dringlicher als je. Aber „wenn dies unakzeptabel oder unwillkommen ist, gibt es keine Gründe, eine Politik zu unterstützen, die zum Scheitern verurteilt ist“.

Aus der Downing Street hieß es nun am Dienstag, der Scharon-Plan, den Gaza-Streifen zu räumen, aber die jüdischen Siedlungen im Westjordanland zu belassen, sei „nicht das Endspiel“ und die Road Map zum Frieden gelte nach wie vor. Der für den Nahen Osten zuständige Staatsekretär im Außenministerium, Mike O’Brien ging einen Schritt weiter und sagte: „Wir akzeptieren nicht, dass jüdische Siedler ein Recht haben, im Westjordanland zu bleiben.“

Die Ex- Diplomaten erhoben auch den Vorwurf, die USA hätten im Irak „keine effektiven Pläne für eine Nachkriegslösung“. Mit ihren harten Militäreinsätzen bauten sie „Opposition auf, statt diese zu isolieren“. Dazu hieß es in der Downing Street: „Wir müssen uns mit der Welt auseinander setzen wie sie ist, nicht wie sie sein könnte.“ Zu Spekulationen, die Zahl der britischen Soldaten werde erhöht, sagte Blair am Dienstag, die Truppenstärke sei nach derzeitigem Kenntnisstand ausreichend. An einen Truppenabzug werde aber nicht gedacht. „Wir sind entschlossen, dieses Ding durchzuziehen“, sagte Blair.

Der Brief der Ex-Diplomaten – nach Ansicht von Blairs Sprecher „Privatleute, die jedes Recht auf ihre Meinungsäußerung haben“ – drückt Vorbehalte aus, die in den unteren Rängen des britischen Außenministeriums ein breites Echo finden dürften. Auch der britische Armeechef General Mike Jackson übte vergangene Woche offen Kritik an der amerikanischen Militärstrategie im Irak.

Der Unmut über Blairs Außenpolitik wächst auch an anderer Stelle – vor allem seit er mit seiner Entscheidung für ein EU-Referendum die britischen Pro-Europäer vor den Kopf stieß. Ex-Außenminister Robin Cook sagte: „In diplomatischen Kreisen herrscht eine stille Übereinstimmung, dass wir Gefahr laufen, Großbritanniens Ansehen in der Welt zu schädigen.“

Matthias Thibaut

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