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Politik: Bleiberecht auf Raten – Kritik an Kettenduldungen

Berlin - Politiker aus Regierungs- wie aus Oppositionsparteien haben im Gespräch mit dem Tagesspiegel kritisiert, dass es ein Jahr nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes noch immer die Praxis der so genannten Kettenduldungen gibt. Rund 50 000 in Deutschland geduldete Menschen hangeln sich seit mehr als zehn Jahren mit Hilfe dieser, zum Teil nur einen Monat geltenden Bescheide durchs Leben.

Berlin - Politiker aus Regierungs- wie aus Oppositionsparteien haben im Gespräch mit dem Tagesspiegel kritisiert, dass es ein Jahr nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes noch immer die Praxis der so genannten Kettenduldungen gibt. Rund 50 000 in Deutschland geduldete Menschen hangeln sich seit mehr als zehn Jahren mit Hilfe dieser, zum Teil nur einen Monat geltenden Bescheide durchs Leben. Diese Verfahrensweise hätte eigentlich mehr oder weniger verschwinden sollen. Während der Verhandlungen über das neue Zuwanderungsgesetz war sogar die Rede davon, dass rund 80 Prozent der Betroffenen künftig einen sicheren Aufenthaltsstatus bekommen sollten.

Trotzdem gibt es „die Kettenduldungen immer noch“, kritisiert CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach. Wer „es nicht zu vertreten hat“, dass er von Duldung zu Duldung vertröstet wird, also Menschen, die ihren Pass nicht weggeworfen haben oder auf andere Weise eine Abschiebung zu verhindern versuchen, sollte „eine Aufenthaltsperspektive erhalten“. Offenbar gebe es in den Verwaltungen aber teilweise andere Auffassungen oder die neuen Verwaltungsvorschriften seien erst spät erlassen worden, vermutet er.

Der Grünen- Innenexperte Volker Beck betont, bei den humanitären Wirkungen des Gesetzes hätten „unsere Prognosen und Befürchtungen Recht bekommen“. Er wirft Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) vor, „die Intention des Gesetzes mit den Hinweisen zur Verwaltungspraxis aus seinem Haus hintertrieben“ zu haben. Auch SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz kritisiert die „rigide Verwaltungspraxis“ in den Ländern und kündigt an: „Das werden wir korrigieren müssen.“

Kritik kommt auch vom FDP-Innenexperten Max Stadler. Er lobt aber andererseits, dass immerhin 13 Länder Härtefallkommissionen eingeführt hätten, auch wenn „diese nicht überall gleichermaßen befriedigend“ funktionierten. Hessen und Niedersachsen haben diese Aufgabe den Petitionsausschüssen übertragen, Bayern hat gleich ganz darauf verzichtet. Dagegen arbeitet in Baden-Württemberg seit drei Monaten eine neunköpfige Härtefallkommission. 200 von 800 Fällen hat sie bearbeitet, und in einem knappen Viertel hat sie ein Bleiberecht vorgeschlagen. In Brandenburg hat die Härtefallkommission in 50, in Berlin in 500 Fällen empfohlen, die Antragsteller nicht abzuschieben. In Rheinland-Pfalz waren es 88 Fälle, die von der Regelung profitiert haben. In Mecklenburg-Vorpommern ist dagegen nur eine Familie in den Genuss der Regelung gekommen.

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