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Blitzbesuch in Kundus: Guttenberg stellt sich vor Soldaten

Ein Verteidigungsminister als Mittler zwischen zwei Welten: Am Hindukusch wirbt Guttenberg um Verständnis für den Aufklärungsbedarf des Bundestags – und warnt diesen zugleich.

Der umstrittene Luftangriff auf zwei von Taliban gekaperte Tanklastzüge bestimmt auch weiterhin die politische Agenda – und die Reisepläne – des neuen Verteidigungsministers. Das Bombardement und die Aufklärung der genauen Abläufe des Luftschlags sind auch der Anlass für einen überraschenden Blitzbesuch von Karl-Theodor zu Guttenberg im Feldlager der Bundeswehr im afghanischen Kundus. Dabei versuchte sich der CSU-Politiker als Mittler zwischen Politik und Militär.

Während seiner Gespräche mit Soldaten bezeichnete Guttenberg den geplanten Bundestags-Untersuchungsausschuss zum Luftangriff vom September als "notwendig" und sicherte eine umfassende Aufklärung des Vorgangs zu. "Ich möchte größtmögliche Transparenz gegenüber dem Parlament und dem deutschen Volk", sagte er. Es bestehe "ein berechtigter Aufklärungsbedarf" des Bundestages. Aus heutiger Sicht habe es Verfahrensfehler gegeben.

Zugleich warnte er vor einer "Diskreditierung der Soldaten" durch die Arbeit des Bundestagsgremiums, das sich am kommenden Mittwoch konstituieren soll. Stattdessen müsse der Untersuchungsausschuss dem Kontingent in Afghanistan Rechts- und Handlungssicherheit bringen. Erneut stellte sich Guttenberg vor den Befehlshaber des Angriffs, bei dem auch Zivilisten getötet wurden: "Oberst Klein ist ein Mensch, der in dieser Nacht nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt hat und seine Soldaten schützen wollte." 

Über zwei Themen hat Guttenberg nicht gesprochen. So vermied er eine Festlegung darüber, ob und wie Soldaten der Elitetruppe KSK am Kommando über den Einsatz beteiligt waren. Und auch die geplante Entschädigung für zivile Opfer war kein Thema. Nichtsdestotrotz versprach Guttenberg den hinterbliebenen Familien eine rasche und unkomplizierte Entschädigung. Die Verhandlungen würden keinen "langen Weg in Deutschland" gehen.

Bei seiner Reise wurde der Verteidigungsminister von Obleuten der Bundestagsfraktionen, nicht aber von Journalisten begleitet. Mit dabei war auch der Gouverneur der nordafghanischen Region, Mohammad Omar. Dieser bat Guttenberg dringend um mehr Hilfe beim Polizeiaufbau. Nach Angaben des grünen Bundestagsabgeordneten Omid Nouripour sprach Omar von 1500 Polizisten, die in der Region fehlten. Es sei mehr Präsenz vor allem von afghanischen Polizisten nötig.

Neben seinem inzwischen zurückgetretenen Amtsvorgänger Franz Josef Jung war auch Guttenberg wegen seiner anfänglichen Bewertung des Angriffs als militärisch angemessen und wegen des scheibchenweisen Bekanntwerdens von Informationen in die Kritik geraten.

Bei der von einem deutschen Oberst angeordneten Bombardierung waren nach Nato-Angaben bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden, darunter viele Zivilisten. Guttenberg hatte am 6. November den Angriff nach Auswertung der Nato-Untersuchung zunächst als militärisch angemessen bezeichnet. In der vorigen Woche korrigierte er diese Bewertung. Der Luftschlag sei nicht militärisch angemessen gewesen, urteilte er nach der Durchsicht weiterer Berichte, die ihm nach eigenen Angaben bei seiner ersten Bewertung nicht vorlagen.

Vor seinem Abflug hatte der Minister angekündigt, er werde "deutlich machen, wie die Entscheidungsstränge waren bei der Frage, wie ich Kundus und Oberst Klein bewertet habe". Auch im ZDF räumte er erneut Fehler bei der Bewertung des Angriffs ein, betonte aber, dass er am 4. September noch nicht im Amt war.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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