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Blitzbesuch: Westerwelle macht Druck in Jemen

Außenminister Westerwelle ist mit seinen Gastgebern im Jemen hart ins Gericht gegangen. Die deutschen Geiseln sind weiter in der Hand ihrer Entführer. Die jemenitische Regierung sieht Hoffnung für die Entführten, doch Berlin ist skeptisch.

Bei einem überraschenden Kurzbesuch im Jemen hat Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Montag Präsident Ali Abdullah Saleh mit Nachdruck aufgefordert, das Land durch einen nationalen Dialog mit allen Gruppen aus der Krise zu führen. „Wir setzen auf eine politische Lösung und glauben, dass eine militärische Lösung nicht erfolgreich sein kann“, sagte der deutsche Politiker nach dem Treffen mit dem jemenitischen Staatschef. Das offenbar recht schonungslose Gespräch bezeichnete er als eine „offene Diskussion“. Nach Angaben seiner Umgebung kritisierte Westerwelle, der zuvor Saudi-Arabien, Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate besucht hatte, auch die massive Korruption im Lande und forderte durchgreifende Reformen.

Neue Hoffnung gab es jedoch im Geiseldrama des Ehepaares aus Sachsen, das vor knapp sieben Monaten mit seinen drei Kindern im Jemen entführt worden war. Saleh informierte seinen deutschen Gast, die Sicherheitsdienste wüssten jetzt den genauen Ort, wo sich die fünf Deutschen und ihr britischer Leidensgenosse aufhielten. Man tue alles, um das Leben der Entführten zu retten. „Wenn dem so sein sollte, ist es eine hoffnungsvolle Nachricht“, kommentierte Westerwelle die Angaben, die offenbar von Montagmorgen stammten. Letzte Woche noch hatte Vizepremier Rashad al Aleemi erklärt, die Behörden vermuteten die Geiseln entweder in der Provinz Maarib, Al Jouf oder Saada.

In deutschen Sicherheitskreisen überwog am Montag die Skepsis. Es wäre eine große Überraschung, wenn die sächsische Familie bald freikäme, hieß es. Zu oft schon seien von den jemenitischen Behörden Meldungen verbreitet worden, die fragwürdig waren. So hatte der Botschafter des Landes in der Bundesrepublik, Mohammed al Eryani, im Juni kurz nach der Entführung behauptet, es sei „sehr wahrscheinlich“, das Geiseldrama werde innerhalb weniger Tage „gelöst“. In Berlin hieß es am Montag, es gebe keine neuen Lebenszeichen der Geiseln.

Die fünfköpfige Familie aus Sachsen war zusammen mit zwei jungen deutschen Praktikantinnen, einer koreanischen Lehrerin und einem britischen Ingenieur im Juni bei einem gemeinsamen Picknick im Norden des Jemen entführt worden. Die beiden Bibelschülerinnen aus Lemgo und die Koreanerin wurden kurze Zeit später ermordet aufgefunden. Von den übrigen sechs – darunter drei Kinder im Alter von einem, drei und fünf Jahren – fehlte über Monate jede Spur. Bewegung kam in den Fall, als um Weihnachten herum ein Video auftauchte, das die drei Kinder lebend zeigt. Nach Angaben der Regierung in Sanaa wurden sie von ihren Eltern getrennt. Die drei erwachsenen Geiseln, allesamt Krankenhausmitarbeiter, müssen offenbar verletzte Houthi-Rebellen versorgen.

Zum Überraschungsbesuch im Jemen hatte sich der deutsche Außenminister am Wochenende nach Angaben seiner Umgebung entschlossen, um „ein besseres Gefühl für die Lage vor Ort zu bekommen“. Eine weitere Destabilisierung des Jemen könne zu einer großen Gefahr werden für die gesamte Region. Westerwelle ist der erste europäische Politiker, der das von Zerfall und Chaos bedrohte Land an der Südspitze der Arabischen Halbinsel seit dem Attentatsversuch von Detroit besucht. Seit August tobt im Norden ein blutiger Bürgerkrieg, der Süden will sich ganz abspalten. Am Weihnachtstag hatte ein junger Nigerianer versucht, einen Airbus beim Landeanflug auf die amerikanische Industriemetropole mit einem Sprengsatz zum Absturz zu bringen, den er sich in seine Unterhose eingenäht hatte. Der Mann war offenbar im Jemen von Al-Qaida-Terroristen für dieses Attentat geschult worden.

Der Jemen dürfe kein „Hafen für Terrorismus“ werden, erklärte Westerwelle. Daher setze man weiter auf Entwicklung. Deutschland liegt mit knapp 80 Millionen Euro Entwicklungshilfe für Jemen an der europäischen Spitze. Ende Januar soll eine internationale Konferenz in London weitere Hilfen beraten. Die US-Regierung sagte für 2010 eine Verdopplung ihrer Militärhilfe zu. Präsident Obama schloss aber kategorisch aus, Bodentruppen nach Jemen oder Somalia zu schicken. Mitarbeit: Frank Jansen

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