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Blockaden: Der Castor rollt – und steht

Atomgegner blockieren den Transport kurz nach dem Start in Frankreich. In Deutschland erwartet die Polizei massive Proteste, Blockaden und Sabotage.

Der Castortransport ist gestartet. Der Sonderzug mit 123 Tonnen hochradioaktivem Atommüll hat am Freitag den französischen Bahnhof Valognes verlassen. Nach 1 000 Kilometern Fahrt soll die strahlende Fracht am Montag das Atommülllager Gorleben in Niedersachsen erreichen. Die Polizei erwartet massive Proteste, Blockaden und Sabotage. Schon kurz nach dem Start in Frankreich hielten Atomkraftgegner den Zug zeitweise auf. In der Nähe von Caen hätten sich vier Atomkraftgegner an die Gleise gekettet, sagte ein Polizeisprecher der dpa. Nach Angaben der Umweltorganisation Greenpeace gehören die Demonstranten zur französischen Gruppe „Groupe d’actions non-violentes antinucléaires“ (deutsch: Aktionsgruppe nicht gewalttätiger Atomkraftgegner).

Nahe Gorleben legten Atomkraftgegner in der Nacht einen großen Stein auf die geplante Bahnstrecke, andere blockierten kurzzeitig eine Straßenkreuzung. Am heutigen Samstag werden bis zu 30 000 Menschen zu einer Großdemonstration im Kreis Lüchow-Dannenberg erwartet, wo Gorleben liegt. 16 500 Polizisten sollen für Sicherheit sorgen.

Der Castor-Einsatz könnte den Steuerzahler nach Schätzung der Deutschen Polizeigewerkschaft bis zu 50 Millionen Euro kosten. Gewerkschaftschef Rainer Wendt forderte deshalb eine „Schutzgebühr“ der Atomkonzerne. Das Land Niedersachsen will zumindest seine direkten Kosten von geschätzten 25 Millionen Euro von Bund und Ländern erstattet haben. Beides scheint jedoch chancenlos: Der Bund wies die Forderungen zurück. Und die Atomindustrie sieht sich nicht in der Pflicht.

Die Bundespolizei bat die Demonstranten um Mäßigung. Deutschlands oberster Bundespolizist, Matthias Seeger, erklärte, er setze darauf, dass überwiegend „bunt und friedlich“ protestiert werde. Auch unter den Polizisten seien viele, „die der Atomkraft skeptisch gegenüberstehen“.

Gewalt gegen Sachen sei aber nicht erlaubt: „Wer Steine von Gleisanlagen abträgt und das Gleisbett unterhöhlt, um Züge zu stoppen, der macht sich wegen des Störens öffentlicher Betriebe strafbar.“ Umweltminister Norbert Röttgen nannte den Transport unverzichtbar. Die schwarz-gelbe Bundesregierung stehe wie alle Vorgängerregierungen zu der Verpflichtung, die Atomabfälle, die in Deutschland angefallen sind, auch hierzulande zu entsorgen, erklärte der CDU-Politiker. „Wir können die Lasten der Vergangenheit nicht anderen aufbürden, für die sichere Lagerung des Atommülls sind wir verantwortlich“, sagte er.

Die elf Castor-Behälter sind mit Atommüll befüllt, der aus der Wiederaufarbeitung von Brennelementen aus deutschen Atomkraftwerken stammt. Im Zwischenlager Gorleben sind zurzeit 86 solcher Behälter. Sie bleiben dort, bis ein Endlager in Deutschland zur Verfügung steht. Laut Greenpeace enthält jeder einzelne dieser Castoren so viel radioaktives Material, wie bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl freigesetzt wurde. mit dapd

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