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Politik: Bloß keine Pannen mehr

Von Malte Lehming, Washington Man kann schon nervös werden. Fast täglich verdichten sich die Hinweise, dass in den USA ein neuer Terroranschlag bevorsteht.

Von Malte Lehming, Washington

Man kann schon nervös werden. Fast täglich verdichten sich die Hinweise, dass in den USA ein neuer Terroranschlag bevorsteht. Und fast stündlich werden weitere Details darüber bekannt, in welchem Maße die Behörden und Geheimdienste im Vorfeld des 11. September versagt haben. Beide Entwicklungen verstärken in der Bevölkerung die latente Angst. Erstaunlich ist auch, dass seit dem 11. September noch kein einziger Mensch in Amerika wegen der Anschläge verhaftet wurde. Keine Schläferzelle wurde entdeckt, kein Netzwerk ausgehoben. Die Anthrax-Attacken sind unaufgeklärt, die Spekulationen um Osama bin Laden reißen nicht ab.

„Es ist keine Frage ob, sondern wann“ die Mitglieder des Terrornetzwerkes Al Qaida wieder zuschlagen, sagte am Sonntag US-Vizepräsident Dick Cheney. Zur selben Zeit warnte die Bundespolizei FBI davor, dass moslemische Extremisten Wohnungen in großen Mietshäusern anmieten könnten, um dort Bomben zu installieren. Wie leicht ganze Hochhäuser durch gezielt gezündete Sprengsätze zum Einstürzen gebracht werden können, hatte die Katastrophe im World Trade Center gezeigt. Im Weißen Haus hieß es, es habe eine „Besorgnis erregende Zunahme von Aktivitäten“ der Al-Qaida-Kämpfer gegeben. Ein weiterer Anschlag sei „so gut wie sicher". Am Montag schließlich legte FBI-Chef Robert Mueller nach. Selbstmordanschläge in den USA nach dem Muster radikaler Palästinenserorganisationen - mit am Körper getragenem Sprengstoff - seien „unausweichlich". Die Gruppe der Verdächtigen gehe weit über Al Qaida hinaus. Sie umfasse auch die Hisbollah und andere extreme Organisationen.

Solche Äußerungen tragen zur allgemeinen Verunsicherung bei, die inzwischen nicht mehr durch ein Grundvertrauen in die Geheimdienste und Sicherheitskräfte ausgeglichen wird. Eine Reihe von Pannen in der Kommunikation zwischen der Einwanderungs- und der Luftfahrtbehörde sowie dem Auslandsgeheimdienst CIA und der Bundespolizei FBI hat den Ruf dieser Institutionen nachhaltig lädiert.

Wichtige Informationen im Vorfeld des 11. September waren nicht weitergeleitet, Daten nicht ausgetauscht worden. Auch die ersten personellen Konsequenzen hat es bereits gegeben. Kevin Faust, der innerhalb des FBI für die Bin-Laden-Gruppe zuständig war, wurde ebenso aus seinem Amt entfernt wie Cofer Black, der Terrorabwehr-Chef der CIA.

„Selbstmordattentäter der Al-Qaida-Organisation könnten ein mit Sprengstoff beladenes Flugzeug ins Pentagon, das CIA-Gebäude oder Weiße Haus fliegen.“ Dieser Satz steht in einem Bericht des „National Intelligence Council“, datiert auf den September 1999, mit dem Titel „Die Soziologie und Psychologie des Terrorismus". Die Analyse beruhte auf den Aussagen eines 1995 auf den Philippinen verhafteten Al-Qaida-Anhängers. Konkret war auch das Memorandum eines FBI-Mitarbeiters in Phoenix, der im Juli 2001 davor gewarnt hatte, dass Al-Qaida-Mitglieder in Amerika vermehrt Flugschulen besuchen würden. Von diesem Memorandum wurde aber offenbar weder die CIA in Kenntnis gesetzt noch das Weiße Haus.

Das „Wall Street Journal“ wiederum berichtete am Montag, dass die Luftfahrtbehörde FAA eine Woche vor dem 11. September über die Festnahme des mutmaßlichen Terroristen Zacharias Moussaoui informiert worden sei, der eine private Flugschule besucht und sich verdächtig gemacht hatte. Die FAA jedoch verzichtete offenbar darauf, die Fluglinien zu warnen. Eine Ende des Skandals ist nicht in Sicht.

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