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Politik: Bloß nicht krank werden

Seit Tagen schon bereiten Frankreichs Zeitungen ihre Leser auf den Notfall vor: Was ist zu tun, wenn jemand ausgerechnet heute ernsthaft krank wird, so lautet die Frage, und die Medien versuchen, so gut wie möglich, mit Hausrezepten, Erste-Hilfe-Ratschlägen und Großmutters Kräuterküche Beistand zu leisten. Der "schwarze Mittwoch" ist nun tatsächlich Realität geworden: Ein Totalstreik der Mediziner und Krankenschwestern in Frankreich, mehr als 80 Prozent des Personals im Gesundheitsbereich ist im Ausstand.

Seit Tagen schon bereiten Frankreichs Zeitungen ihre Leser auf den Notfall vor: Was ist zu tun, wenn jemand ausgerechnet heute ernsthaft krank wird, so lautet die Frage, und die Medien versuchen, so gut wie möglich, mit Hausrezepten, Erste-Hilfe-Ratschlägen und Großmutters Kräuterküche Beistand zu leisten. Der "schwarze Mittwoch" ist nun tatsächlich Realität geworden: Ein Totalstreik der Mediziner und Krankenschwestern in Frankreich, mehr als 80 Prozent des Personals im Gesundheitsbereich ist im Ausstand.

Begonnen hatte der Konflikt im November. Seitdem kämpfen die 55 000 praktischen Ärzte in Frankreich für eine Erhöhung ihres Konsultationshonorars. Sie fordern höhere Tarife pro Behandlung, 20 Euro statt bisher 17,53 Euro - vergeblich, die Regierung und die staatliche Krankenversicherung blieben hart. Ein Euro Erhöhung höchstens, mehr sei angesichts des festgelegten Jahresbudgets der Pflichtversicherung nicht möglich. Im Gegensatz zu Deutschland herrscht in Frankreich das Prinzip einer einzigen Pflichtversicherung, obligatorisch für jeden Bürger, der sich ansonsten lediglich in Form einer Zusatzversicherung absichern kann. Auch anders als in Deutschland: Die Sécurité Sociale, die staatliche Krankenversicherung, schreibt schwarze Zahlen.

Doch den Überschuss will die Regierung nutzen, um andere Bereiche ihrer Sozialpolitik zu finanzieren, vor allem die 35-Stunden-Woche.

Schon im November bekamen Kranke und Hausarzt-Patienten einen Vorgeschmack auf das, was da kommen mag. Als Vorwarnung auf noch drastischere Streikmaßnahmen stellten die praktischen Ärzte ihre Hausbesuche zwischen 20 Uhr und acht Uhr morgens ein. Seitdem sind die Notaufnahmen und Ambulanzen der Krankenhäuser hoffnungslos überfüllt. Täglich zeigen die Medien Bilder von Krankenhausfluren, auf denen dicht an dicht Betten mit teilweise Schwerkranken geparkt sind, die auf Behandlung warten. Über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage spitzte sich die Situation dramatisch zu: Wartezeiten bei den total überforderten Notdiensten von bis zu sechs Stunden waren der Normalfall.

Mit der durch den Streik der Allgemeinmediziner ausgelösten Überlastung der Krankenhäuser kam nun die nächste Katastrophe: Seit Wochenanfang streikt auch in den Kliniken ein Großteil des Personals, überwiegend Schwestern und Pfleger, weil sie nicht einsehen wollen, dass auf ihrem Rücken ein Konflikt ausgetragen wird, der ihrer Ansicht nach längst hätte gelöst werden können: der Streit um die 35-Stunden-Woche. Seit 1997 verfolgt die Regierung unter dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin das Ziel, die Arbeitszeitverkürzung landesweit durchzusetzen, aber die Krankenhäuser bleiben stur: Bei Arbeitszeiten ihrer Angestellten von bis zu 70 Wochenstunden fordern sie von der Regierung die Einstellung von mindestens 80 000 zusätzlichen Angestellten in den nächsten drei Jahren. Nur die Hälfte ist bislang genehmigt.

Sabine Heimgärtner

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