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Blutiger Aufstand: Tibetische Exilregierung warnt vor "Massaker"

Peking betrachtet die Entwicklungen in Tibet als "innere Angelegenheit" und wehrt eine Einmischung der UN ab. Ein Ultimatum der chinesischen Regierung, Demonstranten sollten sich der Polizei stellen, ist inzwischen abgelaufen.

Die tibetische Exilregierung hat nach den blutigen Unruhen der Vortage vor einem "Massaker" der chinesischen Sicherheitskräfte in Tibet gewarnt. Die Situation sei "sehr ernst", erklärte sie. Inzwischen ist ein Ultimatum an Teilnehmer der anti-chinesischen Demonstrationen abgelaufen, sich der Polizei zu stellen.

Die Lage in Lhasa beschrieben Bewohner der tibetischen Hauptstadt am Montag als ruhig. Die Präsenz der Sicherheitskräfte in den Straßen sei massiv. Bewohner und exiltibetische Organisationen berichteten, dass die Polizei seit Sonntag Razzien vornehme. Tibets Regierungschef Qiangba Puncog berichtete von 13 getöteten unbeteiligten Bürgern. Wie viele Tote es unter den tibetischen Demonstranten gegeben hat, ließ er offen. Zugleich widersprach er exiltibetischen Angaben, bei den Unruhen habe es mehrere hundert Tote gegeben.

Peking: Dalai Lama verbreitet Lügen

Forderungen nach der Entsendung eines unabhängigen Gesandten der Vereinten Nationen konterte das Außenministerium in Peking mit dem Hinweis, die Entwicklung in Tibet sei eine "innere Angelegenheit". Dem Dalai Lama, dem religiösen Oberhaupt der Tibeter, warf Außenamtssprecher Liu Jianchao vor, hinter den Protesten zu stecken. Auf dessen Vorwurf eines "kulturellen Völkermordes" in Tibet entgegnete er, der Dalai Lama verbreite "eine Menge Lügen" und führe die Medien und die Öffentlichkeit "in die Irre". Es war die erste Erklärung der Zentralregierung in Peking zu den schweren Ausschreitungen in Tibet.

Die chinesischen Sicherheitskräfte hätten ein "Höchstmaß an Zurückhaltung" gezeigt und "keine tödlichen Waffen mitgebracht oder eingesetzt", betonte der Sprecher, obwohl die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua zumindest zu Beginn der Proteste von Warnschüssen berichtet hatte, mit denen die Massen vertrieben worden seien. Angesichts der "Gräueltaten" und der "massiven Plünderungen und Zerstörungen" der gewalttätigen Demonstranten seien "Maßnahmen ergriffen worden, die jeder Rechtsstaat ergreifen würde", sagte er.

USA kritisieren Ausweisung von Journalisten

Ausländische Journalisten dürften nicht zur Berichterstattung nach Tibet reisen, weil die Lage "ziemlich instabil" sei, erklärte der Außenamtssprecher weiter. Die Sicherheit der ausländischen Korrespondenten müsse gewährleistet werden. Die Beschränkungen seien normal. "Die chinesische Regierung hat nichts zu verstecken", beteuerte Liu Jianchao.

Die USA haben die Ausweisung aller ausländischen Journalisten aus Tibet durch die chinesische Regierung kritisiert. Die Entscheidung sei "beunruhigend und enttäuschend", da sie die verfügbaren Informationen über die Vorfälle begrenze, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Zuvor hatten mindestens zehn Reporter aus Hongkong Tibet verlassen müssen. Die Vereinigung ausländischer Journalisten in China forderte von der Regierung, den Korrespondenten "unverzüglich" den Zugang zu Tibet zu erlauben, um von den Unruhen berichten zu können. Seit Beginn der blutigen Unruhen in der vergangenen Woche mussten demnach mehr als 20 Journalisten die Region verlassen.

Festnahmen in München

Nach Protesten und Übergriffen auf chinesische Botschaften und Konsulate in aller Welt forderte der Außenamtssprecher der chinesischen Regierung alle Staaten auf, "konkrete und wirksame Maßnahmen" zu ergreifen, um deren Sicherheit zu gewährleisten.

Auch in München wurden nach gewalttätigen Protesten von Tibetern 26 Demonstranten vorläufig festgenommen. Sie hatten versucht, das chinesische Generalkonsulat zu stürmen und Freiheitsparolen gesprüht. Es kam auch zu Handgreiflichkeiten gegenüber der Polizei.

Bundesregierung lehnt Boykott der Olympischen Spiele ab

Einen Boykott der Olympischen Spiele in Peking lehnten die Bundesregierung wie auch andere Staaten ab. Man solle den Sport nicht politisieren, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Ein Boykott würde sich allein gegen die Sportler richten, aber an der Lage der Tibeter nichts ändern, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg.

Berlin forderte zur Lösung der Tibet-Frage zu einem friedlichen und direkten Dialog zwischen Peking und dem Dalai Lama auf. Regierungssprecher Steg betonte, die Bundesregierung unterstütze den Anspruch der Tibeter auf kulturelle und religiöse Autonomie. Maßstab des Handelns sei aber die territoriale Integrität Chinas im Sinne der "Ein-China-Politik". Das Auswärtige Amt riet weiter dringend von Reisen nach Tibet ab. Keine konkreten Angaben machte es darüber, wie viele Deutsche sich in Lhasa aufhalten. Die Zahl sei aber "sehr überschaubar". (iba/imo/dpa/AFP)

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