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BND-Affäre: Bericht wird veröffentlicht

Der seit Tagen heftig diskutierte Bericht über die Bespitzelung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) wird definitiv veröffentlicht. Das beschloss das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG).

Berlin - Mit der grundsätzlichen Veröffentlichungs-Entscheidung - zuvor müssen die in dem Ermittlungsbericht genannten Personen gehört werden - soll Licht in die Affäre über die systematische Ausspähung von Journalisten gebracht werden. Eine endgültige Entscheidung soll auf der PKG- Sitzung am nächsten Mittwoch fallen.

Der PKG-Vorsitzende Norbert Röttgen (CDU) sagte, das Gremium sei zu der Auffassung gelangt, "dass nach diesem Vertrauensbruch alle die gleiche und objektive Möglichkeit haben müssen, von diesem Bericht Kenntnis zu erhalten". Er deutete an, dass aus Sicht des Gremiums die bisherige Darstellung der Geheimdienstbespitzelungen verzerrt sein könnte.

Zuvor hatte die Bundesregierung eine klare Trennungslinie über das Verhältnis zwischen BND und Journalisten gezogen. Künftig dürfen die drei deutschen Nachrichtendienste Redakteure nicht mehr als Quellen nutzen. Nach einer entsprechenden Weisung des Kanzleramts an den Bundesnachrichtendienst (BND) entschieden das Innen- und das Verteidigungsministerium, dass auch der Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst (MAD) bei der Suche nach undichten Stellen keine Journalisten mehr abschöpfen dürfen.

Eine überraschende Personalie sorgte unmittelbar vor der PKG- Sitzung für Aufregung: Der ehemalige Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer (CDU) zog sich aus dem Kontrollgremium zunächst zurück. Er wolle nicht an der Aufklärung der Fälle mitwirken, die sich in seiner Amtszeit abgespielt hätten, sagte er. Schmidbauer war unter Ex-Kanzler Helmut Kohl (CDU) für die Koordinierung der Geheimdienste verantwortlich.

Ungeachtet der angekündigten Veröffentlichung des Berichts wird sich der Bundestag an diesem Freitag in einer Aktuellen Stunde mit den Vorgängen befassen. BND-Chef Ernst Uhrlau gab vor der PKG eine Einschätzung aus Sicht des Auslandsgeheimdienstes. Er betonte im Anschluss, er habe keinerlei Anzeichen dafür, dass auch die Telefone von Journalisten abgehört worden seien.

Die illegale Weitergabe der Untersuchungen des Juristen Gerhard Schäfer, früher Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, hat möglicherweise auch strafrechtliche Konsequenzen. Das Kontrollgremium hat Bundestagspräsident Norbert Lammert gebeten, die Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen Geheimnisverrats zu erteilen. Dies ist die Voraussetzung, damit der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht in Berlin die Ermittlungen wegen der illegalen Weitergabe des Berichts an Medien aufnehmen kann.

Die Chefredakteure der beiden von der Affäre betroffenen Magazine "Stern" und "Spiegel" planen juristische Schritte. "Wir verlangen als erstes Akteneinsicht beim BND", sagte "Stern"-Chefredakteur Thomas Osterkorn. "Spiegel"-Chefredakteur Stefan Aust sagte dem "Hamburger Abendblatt", derlei Praktiken des Geheimdienstes seien "so rechtswidrig wie üblich". "Focus"-Chefredakteur Helmut Markwort hatte in der ARD angekündigt, sein Magazin werde Anzeige gegen den BND erstatten und auf Herausgabe der relevanten Unterlagen klagen.

Der Journalist Hans Leyendecker, selbst Opfer der jüngsten Spitzelaffäre, hat schwere Vorwürfe gegen Kollegen erhoben. Das Handeln des BND rege ihn nicht hauptsächlich auf. "Ich finde das, was die Journalisten getan haben, viel schlimmer." Leyendecker ist Redakteur bei der "Süddeutschen Zeitung", die Auszüge des Schäfer-Berichts zuerst veröffentlichte. (tso/dpa)

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