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BND-Bericht: Journalisten rechtswidrig bespitzelt

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat bei der Bespitzelung von Journalisten jahrelang zum Teil gravierende Rechtsverstöße begangen. BND-Präsident Ernst Uhrlau bat in einer Erklärung um Entschuldigung.

Berlin - Das geht aus dem Bericht für das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) hervor, den der Bundestag veröffentlichte. Die Bundesregierung hält disziplinarische Maßnahmen gegen die Hauptverantwortlichen der Spitzelaffäre für erforderlich. BND-Präsident Ernst Uhrlau bat in einer Erklärung um Entschuldigung. In dem fast 180 Seiten umfassenden Gutachten des früheren Bundesrichters Gerhard Schäfer werden mindestens sieben Journalisten aufgeführt, mit denen der BND Kontakt hatte.

Der Auslandsgeheimdienst habe über längere Zeiträume Journalisten im Inland observiert, um interne Informanten zu enttarnen. "Diese Maßnahmen waren ganz überwiegend rechtswidrig", heißt es. Der BND habe in Pressefreiheit und Rechte Dritter eingegriffen. Die Regierung teilte mit, der "Auftrag für disziplinäre Einzelfallermittlungen" durch den BND sei inzwischen erteilt. Linksfraktion und Grüne halten einen Untersuchungsausschuss für notwendig. Die FDP, deren Stimmen für die Einsetzung erforderlich wären, hält sich noch bedeckt.

BND-Chef Uhrlau erklärte: "Für Rechtsverletzungen, die durch Maßnahmen des BND erfolgt sind, bitte ich als Präsident des BND um Entschuldigung." Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hält den so genannten Spitzelbericht für brisant: "Dass Journalisten sich so intensiv eingelassen haben mit dem Bundesnachrichtendienst, das habe ich damals nicht für möglich gehalten", sagte das PKG-Mitglied der Hörfunkagentur dpa/Rufa. Der Abgeordnete Wolfgang Neskovic (Linkspartei) sprach sich für einen Untersuchungsausschuss aus. Die politische Verantwortung müsse dringend geklärt werden. Ähnlich äußerte sich Ströbele. Dagegen sagte PKG-Vize Max Stadler (FDP), es sei zu früh, über die Behandlung in einem Ausschuss zu spekulieren.

Bis kurz vor der Veröffentlichung hatte Schäfer noch Änderungen veranlasst, um die Sichtweise der im Bericht erwähnten Personen einzufügen. Einige Angaben wurden auf Wunsch der Betroffenen anonymisiert. Sie kritisierten, dass sich der Bericht ausschließlich auf BND-Angaben stützt. Der "Focus"-Redakteur Josef Hufelschulte hatte mit einer einstweiligen Anordnung erwirkt, dass ihn betreffende Teile des Dossiers nicht veröffentlicht werden. Die Journalisten, die als Quellen geführt wurden, tauchen nur anonym mit einem Buchstaben auf. Bei einem Redakteur ist von einem schwer wiegenden Eingriff die Rede. Er wurde unter anderem mit mehreren Fahrzeugen und Kamera überwacht.

In dem Gutachten des Sonderermittlers heißt es, die Informationen der BND-Zuträger hätten sich stets auf andere Journalisten und Medienorgane bezogen, nicht auf eigene Redaktionen. Einer der ursprünglichen Vorwürfe lautete, dass Journalisten interne Informationen aus ihren Redaktionen weitergegeben hätten. Das Führen eines Journalisten als Quelle durch den BND wird im Bericht als generell "rechtlich unbedenklich" angesehen. Die Aktionen müssten aber verhältnismäßig sein.

Journalistenverband: "Anschlag auf Pressefreiheit"

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) sprach von einem "Anschlag auf die Pressefreiheit". "Sowohl die Zahl der bespitzelten Kollegen als auch Art und Umfang der Nachrichtengewinnung zeigen, dass der BND jeglichen Respekt vor der Pressefreiheit, den Medien und der besonderen Rolle von Journalisten im demokratischen Staat verloren hat", sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. "Wer als Journalist für einen Geheimdienst arbeitet, hat im Journalismus nichts mehr zu suchen", betonte er. Die Deutsche Journalisten-Union begrüßte den Bericht.

Als Konsequenz aus den Verstößen empfahl der Sonderermittler, Dienstvorschriften zu Überwachungsaktionen zu ändern und BND- Mitarbeiter über die Pressefreiheit aufzuklären. Die Bundesregierung hatte bereits veranlasst, dass Journalisten nicht mehr als Quellen für den Eigenschutz geführt werden dürfen. Das nannte Schäfer eine "Überreaktion". (tso/dpa)

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