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Politik: BND gibt im Fall al Masri schwere Panne zu

Geheimdienst erfuhr schon während der Verschleppung vom Schicksal des Deutschlibanesen

Von
  • Frank Jansen
  • Hans Monath

Berlin - Die Glaubwürdigkeit des Bundesnachrichtendienstes (BND) ist durch einen erst jetzt bekannt gewordenen Fehler im Umgang mit dem Entführungsfall Khaled al Masri weiter erschüttert worden. Der Dienst gab am Donnerstag zu, ein Mitarbeiter sei wesentlich früher als bisher bekannt über die Verschleppung des Deutschlibanesen in Mazedonien informiert gewesen. Al Masri war nach eigenen Angaben Silvester 2003 in Mazedonien festgenommen und nach 23 Tagen von der CIA zu Verhören nach Afghanistan geflogen worden. Dort sei er misshandelt worden. Erst Ende Mai 2004 kam er frei. Die Opposition sprach von schweren Fehlern der BND-Führung und forderte personelle Konsequenzen.

Der BND erklärte, ein „Mitarbeiter des mittleren Dienstes“ habe in der ersten Januarhälfte 2004 in einer „mazedonischen Behördenkantine“ von der Festnahme des deutschen Staatsangehörigen al Masri und von der Übergabe an die Amerikaner erfahren. Der Mitarbeiter habe die Information „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht weitergegeben. Der Beamte habe dies ausgesagt, nachdem der BND-Untersuchungsausschuss im Bundestag von dem Dienst die Benennung von Zeugen gefordert habe. BND-intern hieß es, man habe zuvor vergessen, den Mann zu befragen.

Bei dem Beamten handelt es sich laut Sicherheitskreisen um einen älteren Amtsinspektor, der dienstlich in Mazedonien unterwegs war. Die Opposition bezweifelte die Darstellung des BND, wonach der Mitarbeiter die brisante Information damals für sich behalten habe. Dies sei „lebensfremd“, sagte Max Stadler (FDP). Hans-Christian Ströbele (Grüne) sagte: „Ich kann nur sagen: Ich traue niemandem mehr.“ Bislang hatte die Regierung behauptet, deutsche Stellen hätten erst nach al Masris Rückkehr Hinweise auf die Entführung erhalten. Laut dem Regierungsbericht an das Parlamentarische Kontrollgremium wurde der damalige Innenminister Otto Schily (SPD) erst am 31. Mai 2004 und damit nach der Freilassung al Masris vom damaligen US-Botschafter Daniel Coats vertraulich über den Fall unterrichtet. Am 8. Juni ging im Kanzleramt ein Schreiben des Anwalts von al Masri über die Entführung ein. Die Bundesregierung hatte im Februar 2006 einen Bericht der „New York Times“ zurückgewiesen, wonach mazedonische Behörden die deutsche Botschaft kurz nach der Festnahme al Masris unterrichtet hätten.

Die Münchner Staatsanwaltschaft, die im Fall al Masri ermittelt, will den BND- Mann als Zeugen hören. „Wir hatten keine Ahnung, dass ein BND-Beamter schon so früh von dem Fall gewusst hat“, sagte Oberstaatsanwalt August Stern. Die Rechtshilfeersuchen an Mazedonien, Albanien und die USA hätten nur wenige Erkenntnisse gebracht. Aus den USA sei gar nichts gekommen. Al Masris Anwalt Manfred Gnjidic will Schadenersatzansprüche an die Bundesrepublik prüfen. Sein Mandant, dessen Glaubwürdigkeit oft bezweifelt worden sei, habe auf das Eingeständnis des BNDlers erleichtert reagiert.

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